Morgan Howell ist das Pseudonym von Will Hubbell, Sci-Fi-Autor und Autor von Kinderbüchern.Er schreibt seit Jahren Romane und einer davon ist die fantastische Trilogie „Königin der Orks“ (Queen of the Orcs). (Foto: Copyright William H. Hubbell, neben ihm das Bild seiner neuen Heldin Nartha-hak)

Danke, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben.

Ich habe gerade Ihre großartige Trilogie über Dar in „Königin der Orks“ (Queen of the Orcs) beendet. In einigen Punkten erinnerte sie mich an Jean M. Auels Steinzeitsaga. Der Konflikt zwischen den verschiedenen Kulturen ist sehr deutlich in beiden Romanen. Wie sind Sie auf diese Serie gekommen oder was war zuerst da: die Charaktere oder die Geschichte?

Die Geschichte begann mit einer Frage: Was, wenn die Orks in Wirklichkeit eine noble Rasse wären? Wenn das wahr wäre, müsste ich zuerst erklären, weshalb die Menschen sie als Dämonen betrachten. Meine Antwort wurde durch die amerikanische Geschichte inspiriert. Im neunzehnten Jahrhundert wurden die Indianer meist als das lebendige Böse betrachtet. Diese Einstellung half dabei, das Gewissen des Weißen Mannes zu erleichtern, als er indianisches Land stahl. Der Konflikt zwischen den Weißen und den Indianern führte mein Schreiben, als ich über die Urkzimmuthi [Anm.: der Ausdruck der Orks für ihre eigene Rasse] und die Washavoki [Anm.: der Ausdruck der Orks für die Menschen] schrieb.

Ich erschuf Dar, um die Sichtweise des Lesers zu verändern, während ihre Einstellung sich änderte. Sie ist das Herz der Geschichte. Als eine Frau, die in einer traditionellen Gesellschaft lebt, ist sie hilflos in einer Männerwelt. Zuerst machen die Orks ihr Angst. Aber nachdem sie ihre Kultur versteht, wird sie durch ihr Wissen mächtiger. Ich habe es wirklich durch und durch genossen, Dars komplexe Interaktionen mit Kovok-mah zu beschreiben.

Die Orks in Ihrer Geschichte haben ihre eigene Kultur und Sprache. Wie viel Zeit haben Sie damit verbracht, die ganzen Details zu entwickeln?

Ich habe mich mitten in die Ork-Kultur begeben. Ich versuchte, mir jeden Aspekt ihres Lebens vorzustellen, damit ich verstehen konnte, wie sie sich in jeder Situation verhalten würden. Ich glaube, dass die Leute von anderen durch Beobachtung lernen, daher vermied ich es, die Ork-Kultur zu beschreiben, um sie lieber gleich in ihren Handlungen und Verhaltensweisen zu zeigen.

Eines der ersten Dinge, die ich machte, während ich die Geschichte entwickelte, war eine Grammatik der Orksprache zu entwickeln und ein Wörterbuch zu beginnen. Die Sprache zeigt die Kultur, daher machte ich mir sehr viele Gedanken, während ich Pahmuthi erschuf. Das Wort, das sich als „Sprache der Mütter“ übersetzen lässt, zeigt die matriarchalischen Wurzeln der Sprache. Die vielen Personalpronomen zeigen die Bedeutung des Geschlechtes. Ich hatte viel Spaß dabei, Wörter zu kombinieren, um neue zu erschaffen. Zum Beispiel verbindet das alkoholische Getränk Falhissi „Wasser“ und „Lachen“. Ich achtete auch sehr darauf, wie die Sprache klingen würde, wenn sie gesprochen wird.

Wie haben Sie den Überblick bei all den Charakteren und Ritualen und Wörtern behalten?

Ich machte mir detaillierte Notizen zu den Charakteren und kulturellen Praktiken. Bezüglich der Wörter: Ich besitze eine Ausgabe von „Professor Hubbells Reiseführer für Orkisch: Gammatik und Wörterbuch für den alltäglichen Gebrauch“ (Professor Hubbell’s Traveler’s Guide to Orcish: A Grammar and Dictionary for Everyday Usage).

Was und wer war Ihre Inspiration, um mit dem Schreiben zu beginnen?

Ich war ein Künstler, der Bilderbücher machen wollte, und um komplette Kontrolle zu haben, musste ich sie schreiben. Daher haben mich Maurice Sendak, Chris Van Allsburg und Holling Clancy Holling – allesamt Schreiber/Illustratoren – als erste inspiriert. Als ich begann, Romane zu schreiben, kamen dazu noch J.R.R. Tolkien, Ursula K. LeGuin, John Cavell und Elizabeth Marshall Thomas.

Wie viel Ihrer Erfahrungen im Militär fließen in Ihr Schreiben ein?

Als Teil des Militärs hat sich bei mir die Überzeugung gebildet, dass Kriegsführung eine chaotische und grausame Tätigkeit ist, die nur selten das ursprünglich geplante Ziel erreicht. Ich versuche, meine Schlachten hässlich darzustellen. Meine Charaktere sind oft angewidert von dem, was sie im Kampf tun.

Auf der anderen Seite ist die Fähigkeit, eine Taktik entwickeln zu können, extrem nutzvoll für einen Schriftsteller. In meiner zweiten Trilogie „The Shadowed Path“ kommt eine lange Passage vor, in der mein Held als Einzelgänger eine erfolgreiche Guerilla-Kampagne gegen 39 bewaffnete und gerüstete Männer führt.

Wie sind Sie auf Ihr Pseudonym gekommen?

Da mein Hauptcharakter eine Frau war, entschloss ich mich, einen androgynen Namen zu nutzen. In Amerika können sowohl Männer als auch Frauen Morgan genannt werden. Mein Lieblingskunstlehrer, ein Mann, hieß Morgan. Ebenso meine Lieblingskatze, ein Weibchen. „Howells“ war der Mädchenname meiner Großmutter. Ich ließ das „s“ weg, damit es nicht klang wie „howls“ (heulen).

Ein Bild aus Hubbells Buch "Pumpkin Jack". (Copyright: William H. Hubbell, 2000)

Anfangs haben Sie Kindergeschichten geschrieben. Wie und warum haben Sie zu Romanen gewechselt?

Eigentlich schreibe ich weiterhin beides, obwohl in letzter Zeit die Romane das meiste meiner Zeit in Anspruch genommen haben. Es kann Jahre dauern, bis man es schafft, im Markt für Kinder Fuß zu fassen, daher schrieb ich, als meine Kinder älter wurden, Bücher passend für ihr Alter. Mein ältester Sohn war ein Teenager und meine Kinderbücher immer noch unveröffentlicht, als ich meinen ersten Roman schrieb. Er handelte von einer Jahrhunderte währenden Weltraumreise, die als eine Tat des Glaubens unternommen wurde. Das Buch wurde nie veröffentlicht, aber es führte dazu, dass mein erster Science-Fiction-Roman, „Cretaceous Sea“, veröffentlicht wurde.

Meinen ersten Roman zu schreiben war eine Erleuchtung. Ich verliebte mich in die Macht der Worte, die Charaktere und Gefühle ins Leben rufen konnte. Ich fand heraus, dass ich es absolut genoss, neue Welten zu erschaffen und Geschichten zu entwickeln, die die Leser anzogen. Wenn ich einen Roman schreibe, ist das der Ort, an dem ich lebe. Seine Charaktere und Handlungsorte werden für mich wahr. Das Schreiben ist der ultimative Urlaub.

Worin liegt für Sie der Unterschied zwischen dem Schreiben von Fantasy/Sci-Fi und Kinderbüchern?

Die Kunst in meinen Kinderbüchern ist ein Hauptelement. Die reichhaltigen und detaillierten Zeichnungen geben einem Kind die Möglichkeit, die natürliche Welt zu erforschen. Ich würde meine Kinderbücher als lyrisch beschreiben.

In meinen Romanen ziele ich auf emotionale Intensität ab, was sie im Ton meist etwas dunkler wirken lässt. Die Charaktere sind von oberster Priorität, und meine Charaktere leiden oft. Ich bemühe mich, ein rasches Tempo anzuschlagen, Verwicklungen in die Handlung zu bringen und realistische, aber exotische Orte zu entwickeln.

Arbeiten Sie derzeit an neuen Romanen? Können Sie uns ein wenig mehr über sie erzählen?

Mein nächster Roman wird aus einem neuen Besuch bei den Orks bestehen. Derzeit wird er zum letzten Mal überarbeitet, und ich hoffe, dass er im Frühherbst erscheinen wird. Der Titel lautet „A Single Deed“, und darin wird die Geschichte von Nartha-hak in ihren eigenen Worten erzählt. Nartha glaubt selbst, ein Ork zu sein, aber mit elf Jahren erfährt sie, dass ihr Vater ein Mensch war. Die Umstände, die zu dieser Eröffnung führen, versetzen ihr Leben in eine Abwärtsspirale. Als sie sechzehn Jahre alt ist, glaubt sie, dass sie nur Seelenfrieden finden kann, wenn sie ihren Vater jagt und ihn tötet. Sie versteht die menschliche Sprache nicht, weiß nichts von den Umgangsformen der Menschen, aber sie glaubt, dass ihr Ziel sehr einfach zu erreichen sein wird, weil ihr Vater gelbes Haar hat. Nartha denkt, dass er wegen so eines „ausgefallenen Merkmals“ hervorstechen wird wie ein weißer Hirsch. Zu dem Zeitpunkt, an dem sie herausfindet, dass es nicht ganz so einfach ist, kann sie nicht mehr nach Hause. Und noch schlimmer: Sie hat sich eine Gruppe von Todfeinden zugelegt.

Die Geschichte, die in einem Band abgeschlossen ist, eröffnet eine Insider-Sicht auf die Orkkultur und die Perspektive eines Außenseiters auf die der Menschen. Es ist eine Geschichte von einem Leben, das der Rache gewidmet wurde, nur um eine Reise der Selbsterkenntnis zu werden.

Welche Romane würden Sie empfehlen und welche liegen momentan auf Ihrem Nachttisch?

Ich erhalte sehr viel meiner Inspiration daher, Sachbücher zu lesen, aber meine Lieblingsromane beinhalten „Im Mond der Rentiere“ (Reindeer Moon) von Elizabeth Marshall Thomas, die Erdsee-Trilogie (Earthsea) von Ursula K. LeGuin, „Die Mars-Chroniken“ (The Martian Chronicles) von Ray Bradbury, „Die Zeitmaschine“ (The Time Machine) von H.G. Wells, „Das Ende der Ewigkeit“ (The End of Eternity) von Isaac Asimov, „Shogun“ (Shogun) von James Cavell und – natürlich – „Der Herr der Ringe“ (Lord of the Rings) von J.R.R. Tolkien.

Momentan lese ich „The Last Witchfinder“ von James Morrow. Es ist ein historischer Roman mit vielen einfallsreichen Details, der sehr düster-ironisch und oftmals äußerst amüsant ist.

Herzlichen Dank.