Thomas von Kummant und Benjamin von Eckartsberg

Thomas von Kummant und Benjamin von Eckartsberg

Bei der kurzen Anreise war es natürlich Pflicht, dass Thomas von Kummant und Benjamin von Eckartsberg sich ebenfalls auf dem Comicfestival München herumtrieben, denn die beiden kommen aus München.

Ihre neueste Comicreihe „Gung Ho“ bekam sogar eine Ausstellung in der Alten Kongresshalle, und Ihr einen kleinen Einblick dank ein paar Fotos, die ich vor dem Interview gemacht habe. (Fotos: Copyright Cross Cult)

Erstmal super, dass es geklappt hat, Euch beide im Interview zu bekommen. Vielen Dank!
Hattet Ihr schon Gelegenheit, auch ein wenig über das Festival zu schlappen und Euch ein wenig umzusehen, eventuell sogar ein Autogramm oder eine Zeichnung von jemandem zu bekommen, den Ihr bewundert?

Thomas: Von Jordi Lafebre hätte ich gerne eine Zeichnung gehabt, aber den habe ich wohl leider verpasst. Auf Festivals ist das meistens so. Es ist so viel zu tun, dass man zu wenig Zeit hat, um andere Zeichner zu treffen. Manchmal hat man genügend Luft und kann sich mit anderen Autoren unterhalten, aber hier sind wir ziemlich eingespannt.

Benjamin: Ich finde, das ist eines der schönsten Dinge an den Messen, wenn man international unterwegs ist und mit Zeichnern und Schreibern auf Augenhöhe miteinander sprechen kann. Man muss sich nicht als Fan anstellen, wo sie einfach nicht genügend Zeit haben, um sich mit allen zu unterhalten. Ein Beispiel wäre Enrico Marini, der in Basel arbeitet. Er ist einer der Stars der französischen Comicszene und produktiv, seit er 16 Jahre alt war …

Ah, ich liebe seine Serien „Der Skorpion“, „Raubtiere“, „Gypsy“ …

Benjamin: Genau der. Ich dachte immer, das wäre ein älterer Typ, so zehn, zwanzig Jahre älter als ich, weil er schon so viel produziert hat, aber der ist nur zwei Jahre älter als ich. Mittlerweile ist das ein Freund von uns. Das ist natürlich klasse, da er auch das, was wir machen, super findet. Es macht einfach riesig Spaß, mit so jemandem mal in Ruhe diskutieren zu können.

Ich bin sehr neidisch! Woher wusstet Ihr zwei denn, dass Ihr ein gutes Team abgeben würdet?

Thomas: Wir haben das schon lange geprobt. 15 Jahre lang sind wir gemeinsam im gleichen Raum gesessen, unserem Gemeinschaftsatelier „Die Artillerie“, von daher haben wir bereits an unserer Beziehung gearbeitet. (lacht) Wir wussten, dass wir das hinbekommen würden.

Benjamin: Na ja, so richtig wussten wir das ja nicht, aber wir hatten immerhin schon den Goethe-Comic zusammen gemacht, wo Thomas gezeichnet hat und ich koloriert habe. Wir hatten schon Meinungsverschiedenheiten, haben aber doch immer einen konstruktiven Weg gefunden, damit umzugehen. Bei der „Chronik der Unsterblichen“ weiß ich noch genau, wie Thomas mich angerufen hat, als er den Auftrag bekommen hat. Zuerst wollte ja Wolfgang Hohlbein die Adaption selbst schreiben, aber er hat es zeitlich und auch aus mangelnder Erfahrung im Comicbereich nicht hinbekommen. Thomas hat mich also gefragt, ob ich Lust hätte, mitzumachen, weil ich ja auch schon was selbst geschrieben hatte. Es kam ziemlich aus dem Nichts, wobei ich auch etwas unsicher war, ob ich das hinbekommen würde. Aber die Zusammenarbeit mit Thomas habe ich dabei nie in Frage gestellt, denn wir kannten uns gut genug, um zusammen arbeiten zu können.

Die Aufgabenverteilung war also von vornherein klar – Thomas übernimmt die Zeichnungen und Benjamin die Story?

Benjamin: Genau, „Gung Ho“ war ja meine Idee. Während der Arbeit daran konnte ich mich vollkommen darauf konzentrieren, aber inzwischen arbeite ich wieder als Illustrator. Während Thomas zeichnet, wird er dafür bezahlt, was eine privilegierte Situation hier in Deutschland ist. Aber es ginge auch gar nicht anders, denn sonst würde die Arbeit ja zehn Jahre dauern. Bei der „Chronik der Unsterblichen“ war es anfangs nicht so finanziert und hat dementsprechend auch gedauert. Wenn man die Familie damit ernähren und ihnen erklären muss, weshalb man schon wieder an einem Comic arbeitet und deshalb nichts verdient, haben die eher wenig Verständnis dafür. (lacht)

Benjamin von Eckartsberg / Thomas von Kummant – Gung Ho, Band 1

Gung Ho, Band 1

Wie funktioniert Eure Zusammenarbeit bei „Gung Ho“?

Benjamin: Obwohl die Geschichte ja steht, sprechen wir während der Arbeit immer über die Comics. Wenn ich finde, dass eine bestimmte Szene anders aussehen müsste, hört er darauf, da ich ja der Erfinder der Welt bin. Aber ich kann es immer verargumentieren. Andersrum genauso. Wenn er eine Idee hat, die mich erstmal nicht überzeugt, kann er es mir argumentativ nahe bringen, und wir respektieren immer die Meinung des anderen. So kommt es zu einem produktiven Austausch zwischen uns beiden bei der Serie.

Thomas: Ja, die Aufgabenverteilung hat sich so ergeben. Unseren ersten Comicjob hatte damals ja ich bekommen und Benjamin als Koloristen mit ins Boot geholt.

Das war der Goethe-Comic, richtig?

Thomas: Genau. Danach kam der Verlag auf mich zu und fragte, ob ich einen Roman von Wolfgang Hohlbein umsetzen wolle. Da hat Benjamin dann als Szenarist mitgearbeitet und die Adaption des Romans verfasst. Als wir uns dann entschieden haben, ganz alleine etwas auf die Beine zu stellen, hat sich herausgestellt, dass Benjamin eine gute Idee hatte, die ich dann in Bilder umgesetzt habe. Er ist ein sehr guter Illustrator, aber ich finde, er schreibt noch viel besser, daher bin ich froh, dass er für mich die Geschichte geschrieben hat.

Wie kam es denn zum Goethe-Comic? Bist du ein Fan von ihm, Thomas?

Thomas: Oh, da muss ich kurz überlegen, wie es dazu kam. Damals war das Comicfestival noch im Gasteig, wenn ich mich recht erinnere, und ich hatte damals ein paar Seiten für den Katalog gemacht, wodurch Ehapa auf mich aufmerksam wurde. Sie hatten ein Jahr zuvor den ersten Teil der Goethe-Biografie gemeinsam mit dem Goethe-Institut umgesetzt – den hatte der Kinderbuchillustrator Christoph Kirsch übernommen – und wollten für den zweiten Teil einen ernsteren Zeichenstil haben. Sie haben bei Ehapa angefragt, der Verlag kannte mich, und so kam es zu der Zusammenarbeit.

Benjamin von Eckartsberg / Thomas von Kummant – Die Chronik der Unsterblichen, Band 1

Das erste Album, das von Thomas von Kummant gezeichnet wurde

Kanntet Ihr bei der „Chronik der Unsterblichen“, der Vampir-Reihe von Wolfgang Hohlbein, die Romane?

Thomas: Hohlbein war mir natürlich schon ein Begriff, und ich bekam damals vom Verlag die ersten – ich glaube, damals waren es nur drei – Romane geschickt und habe sie auch gelesen. Ich hatte dabei sofort Bilder im Kopf und konnte mir gut vorstellen, das zeichnerisch umzusetzen.

Du, Benjamin, arbeitest ja mit einem anderen Zeichner weiter an der „Chronik“ …

Benjamin: Ja, dazu habe ich natürlich die Bücher eingehend gelesen, um die Adaption darauf aufbauen zu können. Ich analysiere sie bezüglich des Aufbaus, um herauszufinden, was ich kürzen kann.

Spricht Hohlbein bei der Geschichte noch mit?

Benjamin: Nein, gar nicht mehr. Am Anfang hat er sich nur mal mit Thomas getroffen.

Thomas: Er kam zu uns in die Artillerie und hat sich meine ersten Entwürfe angesehen, wobei ihm der Charakter ein wenig zu düster angelegt war. Als ich den gleichen Charakter dann aber lächelnd gezeichnet habe, war er einverstanden.

(lacht) Raffiniert!

Benjamin: Hohlbein ist auch keiner, der einem ständig über die Schulter schaut. Er hat ja auch gar nicht die Zeit, sich da immer wieder reinzudenken, denn es ist ja nun wirklich schon Jahre her, dass die ersten Bände der Reihe erschienen sind. Deshalb lese ich die Bücher und versuche, die Essenz beizubehalten. Die Bücher sind ungefähr 300 Seiten lang, und wenn ich das auf zwei Comicbände zusammenstauchen muss, sollte das nur 92 Comicseiten ergeben. Da muss man sehr ökonomisch vorgehen. Es muss anders gehandhabt werden. Wenn jemand Buch und Comic gelesen hat, möchte ich gerne, dass er das Gefühl hat, er befände sich in der gleichen Welt, dass er dem Roten Faden folgen und die gleiche Stimmung spüren kann. Den Charakteren muss man treu bleiben, aber wie sie was in welcher Situation sagen, wird dem jeweiligen Medium angepasst.

Benjamin von Eckartsberg / Chaiko – Die Chronik der Unsterblichen, Band 3

Das dritte Album, bei dem Chaiko die Zeichnungen übernommen hat

Ist die Zusammenarbeit mit dem neuen Zeichner anders?

Benjamin: Ja, allein schon deshalb, weil er in Shanghai lebt, und wir nur über E-Mails kommunizieren. Er wurde für das Festival hier eingeflogen.

Habt Ihr Euch denn vorher schon mal persönlich getroffen?

Benjamin: Da wir zuerst in Frankreich veröffentlichen, ja, ich habe Chaiko auf diversen Festivals dort bereits getroffen. Aber davor war der erste Band mit ihm schon fertig gestellt. Wir hatten nur über E-Mail und Skype Kontakt.

Spricht er Englisch?

Benjamin: Tut er, nur anfangs war es ein wenig schwierig. Inzwischen ist er besser – eine Frage der Übung. Vor allem schriftlich geht es aber gut. Notfalls haben wir auch eine Übersetzerin, die in China lebt.

Wie funktioniert dann die Zusammenarbeit?

Benjamin: Er bekommt von mir das Skript, das ich in Deutsch schreibe. Es wird ins Englische übersetzt. Und das finde ich so erstaunlich. Er schickt mir das Storyboard zurück, bei dem ich manchmal noch andere Sequenzen oder Bilder vorschlage, aber im Großen und Ganzen erfasst er alles und bringt es richtig rüber. Auch wenn er die Zeichnungen fertig macht, wobei er sich in eine mittelalterliche Welt hineindenken muss, ist er wirklich klasse. Die Menschen, die Architektur und die Zeitepoche muss ja ein Gefühl von Europa widerspiegeln. Und das bekommt er wirklich gut hin. Manchmal haben seine Zeichnungen einen kleinen Manga-Einschlag, aber nicht so, dass man es zu abschreckend findet oder dass es einen aus dem Lesefluss reißt. Wir haben sehr viele Zeichner damals ausprobiert. Viele darunter waren technisch sehr gut, nur die Charaktere sahen fast mongolisch aus. Und wenn eine Figur schon eingeführt ist, die nachweislich Europäer ist, dann sollte das nicht der Fall sein. Es ist nicht selbstverständlich, jemanden zu finden, der so schnell, so gut und so genau ist … Und Farben kann er auch noch …

Ich habe vorhin den Band durchgeblättert und finde, dass es fast keinen Unterschied gibt in Bezug auf Stimmung und Darstellung.

Benjamin: Ja, es ist normalerweise ein Problem, wenn man den Zeichner in einer Serie wechselt – damit kann man ja auch Leser vergraulen –, aber hier hat es erstaunlich gut hingehauen.

„Gung Ho“, Eure postapokalyptische Serie, bekommt momentan Preise, und Ihr hattet Ausstellungen letztes Jahr in Erlangen und dieses Jahr in München. Wie wählt Ihr da die Bilder aus?

Thomas: Dieses Jahr gibt es natürlich neue Bilder, weil der zweite Band erschienen ist, die vornehmlich genommen werden.

Ja, der Fokus liegt auf den Panels und Entwürfen des neuen Bandes, das habe ich bemerkt. Besonders witzig fand ich die verniedlichten Wesen von der Weißen Plage …

Thomas: Ah, die kommen ja im Comic auf einer der Wände vor. Moment … Hier, auf Seite 41 bis 45, um die Szene dort ein bisschen zu entschärfen.

Benjamin von Eckartsberg / Thomas von Kummant – Gung Ho, Band 2

Gung Ho, Band 2

(Anm.: Welche das ist wird hier natürlich nicht verraten, das kann man in Band 2 von „Gung Ho“ nachlesen) Wer hatte denn die ursprüngliche Idee zu der Reihe?

Thomas: Die hatte Benjamin. Wir waren unterwegs in Amiens auf Signiertour für die „Chronik der Unsterblichen“. Da hat er mir zum ersten Mal davon erzählt, wobei es damals noch ziemlich ungenau war. Es sollte um eine postapokalyptische Geschichte gehen, die aus der Sicht von Jugendlichen erzählt wird. Damals waren meine Töchter in dem Alter, daher fand ich das besonders spannend. Ich fand, dass es ein neuer Ansatz auf das Genre war. Außerdem sollte das Setting nicht düster und grau sein, sondern im Gegenteil sogar Romantik ihren Platz finden. Es ist sehr sonnig …

Und sehr farbenprächtig, was mir sehr gut gefällt.

Thomas: Genau deswegen. Man soll sich dort gerne aufhalten, so dass man sich gut vorstellen kann, dass die Jugendlichen dabei auch gerne mal die Gefahr vergessen. Das fand ich damals schon spannend. Und jetzt komme ich von Amiens zurück, wo wir natürlich verdientermaßen einen Preis gewonnen haben. (lacht)

(lacht) Wie kam es denn dann zur Weißen Plage? Da muss man ja auch erstmal drauf kommen.

Thomas: Wir haben nach einer Bedrohung gesucht, und Benjamin meinte am Anfang, es könnten auch Zombies sein, aber da hatte ich keine Lust drauf. Ich wollte keine sieben oder acht Jahre lang Untote und wandelnde Leichen zeichnen. Deshalb haben wir uns dann für diese Spezies entschieden.

Eine Mischung aus Affe, Orang-Utan …

Thomas: Ja, es gibt verschiedene Größen. Bei dem Bonusteil im ersten Band sieht man, dass sie im Verbund jagen. Die Brecher sind die größeren, die mittleren sind die Treiber und die kleinen sind die Späher, die herausfinden, wo es Futter gibt. Letztere haben Affengröße, die mittleren Raubkatzengröße, und die Brecher sind so groß wie Bären.

Die verniedlichte weiße Plage 2015

Die erwähnte verniedlichte weiße Plage und ein paar Ausschnitte aus den Comics darüber – Ausstellung auf dem Comicfestival München

Die Sprechblasen sind sehr minimalistisch angebracht, anders gesagt: Ihr schafft es, sie äußerst genau zu platzieren und keinen einzigen Dialog unnötig oder zu viel wirken zu lassen, was mich sehr beeindruckt hat. Überlegt Ihr Euch die Platzierung vorher?

Benjamin: Ich versuche, die Texte möglichst knapp zu halten. Es ist wie bei einem Drehbuch. Alles, was man mit Bild erzählen kann, wird dadurch erzählt und zwischendurch gibt es eben Dialoge. Was ich selbst beim Lesen manchmal nicht mag, sind fantastische Dialogschreiber, die wahnsinnig viel Text haben. Das kann zwar lustig sein, aber das ist eine andere Art von Comic. Bei uns ist es filmisch und fast schon episch, so dass zu viel Text bremsen würde. Innerhalb der Panels wäre es ja auch sehr seltsam, wenn der Kopf winzig ist und darüber eine dicke Sprechblase hängt. Die Dialoge sind daher sehr zweckgebunden.

Thomas: Wir versuchen, filmisch zu erzählen und den Leser in die Geschichte hineinzuziehen. Nicht wie ein illustrierter Text, sondern wirklich wie ein Film, bei dem ja auch nicht immer geredet wird.

Man wird regelrecht reingezogen und kann es sehr gut runterlesen. Wenn es anders wäre, wären ja auch die schönen Bilder verdeckt …

Benjamin: Auch, ja! Wenn es wichtig ist, gibt es Dialogszenen, bei denen quasi „sprechende Köpfe“ zu sehen sind. Das möchte ich aber so knapp wie möglich halten. Im Gespräch mit Thomas verändern sich die Dialoge manchmal auch noch ein wenig. Wenn ich eine Actionszene schreibe, bei der ich denke, dass kein Text notwendig ist, dann aber sehe, wie viele Bilder Thomas dazu benutzt, habe ich manchmal das Gefühl, dass jemand den Ton abgedreht hat. Niemand sagt etwas besonders Geistreiches, wenn er mitten in einem Motorradsprung ist, aber wenn es nur ein Kommentar oder ein Fluch ist, dann macht es das Ganze ein wenig lebendiger. Manche dieser Szenen wurden zu meinen Lieblingsszenen. Zuerst gab es keinen Dialog dort, aber durch Thomas’ Schnitt konnte ich noch ein paar Gelegenheiten ergreifen, wo eingestreute Wörter das Tüpfelchen auf dem i waren.

Wie habt Ihr die Farbpalette angelegt, mit den ganzen Pusteblumen und den hellen Farben, die so ansprechend sind?

Thomas: Als Gegenentwurf für die aktuellen Zombie-Apokalypsen. Es sollte ein wenig an einen Urlaub erinnern, den man vielleicht selbst im Süden von Europa erlebt hat. Die Zeit, in der man sich das erste Mal in eine Italienerin oder einen Spanier verliebt hat. So sind die Farben und das Licht zustande gekommen. Man kann ja das Feld manchmal fast riechen …

Ihr wisst ja schon, wie alles ausgeht, da die Geschichte bis zum Ende steht. Also hast Du, Benjamin, keine Arbeit mehr. (lacht)

Benjamin: (lacht) Doch, natürlich! Ich bin ganz froh, dass alles schon steht und es in einem Rutsch fertig geschrieben werden konnte, denn es dauert ganz schön lange, wenn man pro Band ungefähr anderthalb Jahre rechnet …

Dann wirkt es am Ende trotzdem wie aus einem Guss?

Benjamin: Genau. Wenn ich sieben Jahre später überlegen muss, wie es ausgeht, oder mich bis dahin verändert habe, was ja unweigerlich geschieht, wäre das eine Katastrophe, denn es sind ja keine Einzelabenteuer, sondern eine zusammenhängende Handlung. Was ich derzeit mache, ist mit Thomas die Meinungen auszutauschen. Ich bin das erste frische Auge, das auf die Entwürfe guckt. Das ist gar nicht so wenig Arbeit. Außerdem die Pressegeschichten und die verschiedenen Länder, in denen Signierstunden gegeben werden … Es ist also einiges an Arbeit, was noch gemacht werden muss. Zudem mache ich das Gleiche ja auch noch ein weiteres Mal für Chaiko bei der „Chronik der Unsterblichen“. Dadurch kann ich die Projekte noch weiter begleiten und bekomme nicht einfach nur das fertige Comic in die Hand gedrückt. Das gefällt mir sehr gut, weil ich doch ein kleiner Kontrollfreak bin.

Habt Ihr schon eine Idee, in welche Richtung das nächste Buch gehen wird?

Thomas: Der Fokus liegt erstmal auf „Gung Ho“. Die Handlung ist mit fünf Bänden abgeschlossen, was nicht bedeutet, dass man nicht noch mehr erzählen könnte in diesem Universum, aber da machen wir uns erstmal noch keine Gedanken. Man muss erstmal abwarten, ob es noch erfolgreicher wird oder vor sich hin dümpelt, aber ich glaube, dass man auch noch weiter erzählen könnte.

Ihr habt die Serie ja für den französischen Comicmarkt entwickelt. Wie seid Ihr denn dazu gekommen? Hat einer von Euch etwa so gute Französischkenntnisse?

Thomas: Ne, zuerst kam ja die „Chronik der Unsterblichen“. Das wurde auf der Buchmesse in Frankfurt von französischen Verlagen entdeckt, wodurch wir die Reihe dort verlegen konnten. Sie wurde dann so erfolgreich, ohne dass jemand Hohlbein kannte, dass der französische Verlag sein Vertrauen in uns gesetzt hat. Als ich meinte, dass ich keine Vampire mehr zeichnen wollte, haben sie sich darauf gefreut, dass wir etwas Eigenes auf die Beine stellen wollten. Wir haben es dann vor vier Jahren am Comicfestival hier in München in einem Café gepitcht und die Geschichte erzählt. Es kam zur Einigung und so kamen wir dann dazu.

Respekt dafür!

Thomas: Ja, ich bin auch ziemlich stolz auf dieses Privileg.

Benjamin: Na ja, in Frankreich werden ja ein ganzer Haufen von Comics veröffentlicht. Vermutlich ist es dort vollkommen egal, woher man kommt, wenn man ein gewisses zeichnerisches und erzählerisches Niveau erreicht hat. Dann hat jeder Verlag Interesse daran, das zu veröffentlichen, sofern es ins Programm passt. Also, ja, gut, es ist natürlich schön, wenn man so zurückgemeldet bekommt, dass das, was man macht, gut genug für den Markt ist und nicht auf der Independent-Szene bleiben muss.

Thomas, welche Comics liest Du denn gerne oder woher bekommst Du Deine Inspiration?

Thomas: Mehr aus der Trickfilmbranche oder von TV-Serien und Filmen. Comics lese ich weniger, aber natürlich alle Cross Cult-Titel … (grinst den Pressesprecher von Cross Cult an, der dabei sitzt) In Frankreich gibt es natürlich vor allem großartige Zeichner. Meine Faszination für den ernsten Comic kam durch Loisel …

Ah, der „Peter Pan“-Zeichner.

Thomas: Genau den. Der hat mich fasziniert. Dadurch kam ich zum Comiclesen. Momentan gefallen mir Geschichten von Baru oder gerade Bastien Vivès, den ich ganz toll finde. Man kann sich ja überall etwas abschauen, aber man versucht natürlich, für das eigene Comic einen eigenen Stil zu finden, so dass man sagen kann: „Das Bild, also das kann nur von Gung Ho sein“.

Ja, der Stil ist ein ganz eigener und ungemein ansprechend.

Thomas: Dankeschön.

Dann weiterhin alles Gute für „Gung Ho“ und die „Chronik der Unsterblichen“ und vielen Dank für das Interview!