Teresa Keller 2016Teresa Keller hat mit ihrem „Einfach ich selbst sein dürfen“ ein interessantes Buch geschrieben, das hier bereits vorgestellt wurde. Nun ging sie in einem Interview dazu noch ein wenig mehr in die Tiefe.

(Foto: Copyright Teresa Keller)

Wie kamen Sie ursprünglich auf die Positive Psychologie?

Ich hatte einfach genug von diesem ewigen Gejammer und Lamentieren. Wir Deutschen haben so eine Tendenz, dass sich Kompetenz durch Kritik ausdrückt. Wir meinen durch eine kritische Aussage zu zeigen, dass wir uns in einem Thema auskennen. Dadurch suchen wir aber immer nach dem, was nicht in Ordnung ist. Da hat es mich einfach gereizt danach suchen, was in Ordnung ist. Und die Positive Psychologie macht genau das im psychologischen Bereich. Das hat mich begeistert, und es tut gut festzustellen, dass die Wissenschaft das auch ganz konkret belegen kann. Dass beispielsweise Optimismus gut ist für meine Gesundheit und zu weniger Herz- Kreislauf- Erkrankungen führt. Als ich dann das Buch „Flourishing“ von Martin Seligman gelesen habe, hat mich das Thema nicht mehr losgelassen.

Sie haben das Flourishing Institut gegründet. Was dürfen wir uns darunter vorstellen?

Die Wissenschaft belegt, dass eine gute Selbstwahrnehmung und eine positive Lebensausrichtung zu mehr Zufriedenheit, Gelassenheit und dadurch am Ende auch zu mehr Erfolg führen. Das Flourishing Institut soll dabei unterstützen, ein klareres Bild von sich selber, seinen Reaktionen und Bedürfnissen zu bekommen. Der Begriff Flourishing steht für das Entfalten, das Entwickeln und hat etwas Wachsendes, Leichtes und Aufbauendes. Ich würde mich freuen, wenn mehr Menschen ein positives, florierendes Lebensgefühl entwickeln könnten – eben ein flourishing life.
In Form von Seminaren und Coachings biete ich Techniken an, die unsere Selbstwahrnehmung verbessern und dadurch unseren Handlungsspielraum vergrößern.

Was unternehmen Sie, wenn Sie schlechte Laune haben, um wieder gute Gefühle zu haben? Haben Sie ein paar Tipps?

Mittlerweile habe ich einen recht umfangreichen Liste von „Gute Laune“-Spendern, also eine Heft in dem lauter Ideen drinstehen, wie ich mir die Laune verbessern kann. Meine beiden wichtigsten sind: Bewegung in der Natur, das kann eine Runde Joggen im Park sein oder eine Wanderung in den Bergen) oder lautes Singen (allerdings nur im geschützten Raum). Aber auch Fotos oder Briefe anschauen, die einen an Erfolge oder schöne Momente erinnern verbessern die Stimmung. Wobei die wissenschaftlich erfolgreichste Methode gegen schlechte Laune ist, anderen etwas Gutes zu tun.

Teresa Keller – Einfach ich selbst sein dürfenWelche Bücher und Filme würden Sie empfehlen, wenn man sich mehr mit Positiver Psychologie beschäftigen will?

Es gibt inzwischen eine Vielzahl von Büchern, die aber mehr aus der wissenschaftlichen Ecke kommen oder nur in englisch geschrieben sind. Manche davon lassen sich aber gut lesen, wie beispielsweise das Buch von Barbara Fredrickson: „Die Macht der guten Gefühle“. Etwas umfangreicher und übergeordneter ist das neuste Buch von Martin Seligman „Wie wir aufblühen“. Das Thema wird aber auch beispielsweise zur Zeit in Frankfurt, in der Ausstellung „Happy Show“ von Stefan Sagmeister, aufgegriffen. Zusätzlich gibt es auf TED eine ganze Reihe von Vorträgen zum Thema Positive Psychologie. Aber ein wirklich anwendungsorientiertes Buch der Positiven Psychologie hat bisher gefehlt, deshalb habe ich „Einfach ich selbst sein dürfen“ geschrieben.

Welche Themen interessieren Sie gerade besonders?

Vor allem das Stärkenthema begeistert mich sehr, da wir über unsere Stärken sehr schnell und auch hier wieder wissenschaftlich messbar, eine bessere Beziehung zu uns selbst bekommen. Wir sehen schnell unsere Erfolgserlebnisse und unsere Qualitäten und durch den Versuch diese immer wieder im Alltag anzuwenden, erleben wir immer wieder, dass wir die Welt und vor allem unser Leben beeinflussen können.

Haben Sie schon eine neue Veröffentlichung geplant und falls ja, worum wird es darin gehen?

Das Stärkenthema ist so ein wichtiger Zugang für die Menschen, dass ich vermutlich in diesem Bereich noch etwas publizieren werde.

Was liegt derzeit an Lektüre auf Ihrem Nachttisch?

Im Moment liegt dort ein kleines Büchlein mit dem Titel „Dankbarkeit“ von Oliver Sacks. Er beschreibt darin in vier kleinen Essays wie er das Alter und seine Krebserkrankung wahrgenommen hat und mit welcher Dankbarkeit er aus dem Alter auf sein Leben zurück schaut. Das Buch löst in mir immer wieder eine tiefe Ruhe und Gelassenheit aus und kann für den ein oder anderen auch die Angst vor dem Älter werden mindern.

Möchten Sie den Lesern noch etwas mitteilen?

Ganz aktuell ist zu spüren, dass Angst, Unsicherheit und auch Wut bei den Menschen angesichts der gesellschaftlichen und polititschen Ereignisse immer größer werden. Das ist auch zum Teil verständlich. In einer Zeit in der sich ständig alles verändert und zum Teil Dinge, die heute noch wichtig sind, morgen gar nicht mehr existieren, ist es von ganz besonderer Bedeutung ein gutes Gefühl für uns selber zu haben. Zu wissen wo wir stehen, damit uns nicht gleich der erste Widerstand umhauen kann. Und dieses bei sich sein können, dazu möchte ich in meinem Buch gerne anregen.

Vielen Dank für das Interview.