Simone Vetters hat gemeinsam mit Ruediger Dahlke ein Buch über gesunde Ernährung für Kinder veröffentlicht. Dazu gibt es natürlich ein paar Fragen, die sie freundlicherweise für Lazy Literature beantwortet hat. (Foto: Copyright Simone Vetters)
Danke, dass Du Dir die Zeit für das Interview nimmst.
Dein Buch ist in Zusammenarbeit mit Dr. Ruediger Dahlke entstanden. Wie kam es zu der Zusammenarbeit?
Ich war damals sehr angetan von seinem Buch „Die wunderbare Heilkraft des Atems“ – und nach einem Atemkurs dann überwältigt davon, was diese Therapieform zu leisten vermag. So kam es, dass ich diverse Weiterbildungen bei ihm besuchte, bei denen wir stets in regem Austausch standen, auch in Bezug auf Ernährungsfragen, da wir ja beide auch Fastenleiter sind. Daraus entwickelte sich eine schöne Freundschaft und außerdem Zusammenarbeit bei Kursen mit Schwerpunkt Ernährung und Naturerleben. Seit einigen Jahren bieten wir Fastenwochen zusammen an, und in den letzten beiden Jahren auch einen Peace-Food-Ernährungsberater-Kurs.
Was das Buch angeht, war es mir wichtig, dass er mit seinen Aussagen dazu ein paar Dinge untermauert und ergänzt, weil er durch seinen Bekanntheitsgrad und auch als Arzt eine andere Autorität ausstrahlt. Zum einen wird das Thema so schneller in die Welt getragen, und auch Eltern, die ja oft verunsichert sind, was so heikle Dinge wie Nährstoffversorgung angeht, werden durch seine Beiträge darin bestärkt, hier auf einem gesunden Weg zu sein. Er weiß, dass Kinderernährung mir sehr am Herzen liegt, und hat mich da gerne unterstützt. Er verdient an diesem Buch nämlich nichts, das will ich hier nur mal kurz bemerken – weil bekannten Autoren, die mit anderen ein Buch schreiben, gern mal unterstellt wird, sie würden schreiben lassen und dann die Kohle einstreichen…
Inzwischen gibt es ja einige Bücher über vegane Ernährung. Wie erklärst Du Dir das Interesse an einer solchen Ernährungsweise?
Es gibt natürlich so einige Veganer, die über Allergie, Unverträglichkeit oder eine der vielen chronischen oder auch lebensbedrohlichen Krankheiten, die durch Konsum von Tierprotein entstehen, zu dieser Ernährungsform gekommen sind. Durch immer stärker verarbeitete und schadstoffbelastete Nahrung streiken immer mehr Organismen und Immunsysteme.
Aber ich glaube, das macht nur den kleineren Teil der Bewegung aus. Der größere entsteht durch ein umfassendes, tiefes Verständnis der Zusammenhänge, und das erkläre ich folgendermaßen: In unserer Gesellschaft kann man seit einigen Jahren verschiedene Zurück-zur-Natur -Strömungen beobachten. In der Mode macht sich das bemerkbar durch Blumenkinder-Sommerkleider, Barfußschuhe oder den Lumberjack Style. Das ist auch mehr als ein Trend, es entspringt einem tiefen Bedürfnis nach Rückverbindung, weil viele von uns das Gefühl haben, ihre Wurzeln zu verlieren. Für die meisten Menschen läuft ihr Alltag auf gewisse Weise lebensfeindlich ab, mit sitzenden Tätigkeiten den ganzen Tag, arbeiten unter Kunstlicht mit Kunstgegenständen unter Ausschluss von Frischluft und Sonne. Wir sind zudem heute in den meisten gesellschaftlichen Schichten absolut konsumübersättigt.
Bei ganz jungen Leuten sehe ich in den letzten Jahren, dass sie ihren Bausparvertrag auflösen und sich ein großes Gartengrundstück kaufen, statt irgendwo noch einen Betonklotz in die Landschaft zu setzen. Auch die Bewegung des Minimalismus lebt auf – und allgemein schwirrt die Luft von einer Stimmung, die sagt: So geht es nicht weiter, wir zerstören mit unserem Wirtschaftssystem hier gerade unsere Lebensgrundlage und Mitgeschöpfe. Durch Plattformen wie Facebook und YouTube verbreiten sich augenöffnende, teils drastische Filme über den Alltag der Fleisch- und Milchproduktion schneller und ehrlicher, als das in den öffentlichen Medien je möglich war.
Aus all dem ziehen dann immer mehr Menschen die Konsequenz, nicht weiter mit den Lemmingen auf den Abgrund zu zu rasen, sondern zu sagen: Ich mache hier nicht mehr mit. Das mag drastisch klingen, aber ich bin gar nicht dogmatisch, sondern Geographin, und sehe immer die globalen Zusammenhänge; und da wird von den Lobbys versucht, all das ganz klein zu halten. Mein Lieblingszitat hierzu stammt von Hagen Rether, der es auf den Punkt bringt. [s. Bild]
In Deinem Buch sind unzählige Hinweise enthalten, wie man sich gesund ernähren kann. Wie kann es zu dieser Fülle an Informationen?
Im Laufe der Jahre haben sich immer mehr Dinge angesammelt, bei denen mir bewusst war, wie wertvoll es wäre, sie weiter zu geben. Durch meine zehnjährige Tätigkeit im Biolandbau habe ich mich damals schon intensiv mit Themen wie Bodengesundheit, Nährstoffversorgung und ökologischen Zusammenhängen, wie auch Qualität und Wertigkeit unserer Nahrungsmittel beschäftigt, war also sozusagen von Haus aus sensibilisiert für dieses Thema.
Ich habe unzählige Bücher guter Fachverlage gelesen und viele Fortbildungen besucht. In meiner jetzt gut elfjährigen Tätigkeit als Fastenleiterin habe ich viele Erfahrungen gesammelt und außerdem erhebende Heilungsprozesse und Transformationen miterleben dürfen, die meine Ernährungslehre bestätigt haben. Und vor allem ist der Austausch mit Kollegen auf Kongressen und Gesundheitsmessen sehr inspirierend und horizonterweiternd. Da kommt dann halt so viel zusammen. Meine Bücher – klein aber fein – enthalten eine Essenz des Wissens aus diesen Bereichen, das ich teilen möchte.
Was genau hat Dich an einer gesunden Ernährungsweise fasziniert?
Schon beim Fasten fand ich am eindrucksvollsten, wie autark ich unterwegs sein kann, abgekoppelt vom Einkaufen, Konsumieren, usw. – bei gleichzeitigem Aufblühen meiner Lebenskräfte und endgültiger Verabschiedung meines zwanzigjährigen Migräne-Martyriums.
Bei einer gesunden Ernährungsweise ist das ähnlich: man braucht auf einmal nur noch sehr wenig, wenn man Zugriff auf die Gärten der Natur oder z.B. eine Bio-Abokiste und ein paar gute Gewürze im Regal hat. Und das Beste daran: Es ist ein absolutes Win-Win-Modell! Alle profitieren davon: unsere Gesundheit, die Natur, die Tiere, das Weltklima, Biobauern (die sich wiederum auch um die Gesunderhaltung der Erde kümmern), kleine Transfair-Projekte, regionale Läden … Und das ist eine berauschend schöne Zukunftsaussicht! Natürlich profitieren die großen Lobbys nicht, im Gegenteil, denen wird das Wasser total abgegraben, wenn alle sich so ernähren. Aber ich glaube, deren Zeit ist auch mal vorbei, die haben lange genug sehr viel Geld gescheffelt – das sollte so langsam mal reichen …
Neben Rezepten sind in Deinem Buch auch Hinweise für das Familienleben und die Erziehung enthalten. Wie hast Du ausgewählt, welche Informationen Du in das Buch einfließen lässt?
All die Themen, die sonst noch im Buch erwähnt sind, greifen wie ein Zahnrad über in die Esskultur oder Gesunderhaltung. Da geht es um Rituale, die in gewisser Form wichtig sind in dieser prägenden Phase – das gemeinsame Essen am Tisch verliert leider mehr und mehr an Bedeutung in vielen Familien, dabei verbindet Essen so sehr, und ist DIE Gelegenheit am Tag für Austausch, Runterkommen vom vielleicht hektischen Alltag, usw.
Zeit ist momentan kostbarer als Geld. Kinder werden in die Tagesgruppe gegeben, damit die Eltern genug verdienen können, um all den Trubel zu bezahlen, anstatt einfach auch dort zu entschleunigen, materiell Abstriche zu machen und mehr gemeinsame Zeit in der Natur zu verbringen.
Vor Dogmatismus zu warnen ist natürlich gerade bei Ernährungsumsthemen wichtig. Aufklärung bei massenhaftem Fehlverhalten ist auch wichtig – zum Beispiel für genügend Sonnenschein zu sorgen, der wirklich essentiell ist für den Aufbau gesunder Knochen und des Immunsystems! Hier sind viele Eltern sehr verunsichert und kleistern ihre Kinder von Kopf bis Fuß mit Sunblockern ein, dabei haben schon 89 % der Deutschen einen Vitamin D-Mangel – wie sehr schon allein dadurch Krebserkrankungen und Osteoporose zunehmen werden in den nächsten Jahren mag ich mir lieber nicht vorstellen …
Es gibt etliche Themen mit höchster Brisanz, aber ich musste natürlich aufpassen, nur das in das Buch zu nehmen, was irgendwie direkt mit dem Thema vereinbar war. Aber Luft und Licht gehören physiologisch halt auch zur Ernährung, und da hier so viel Fehlinformation verbreitet ist, waren mir so kleine Dreingaben wichtig.
Es ist mir einfach ein Herzenswunsch, immer mehr gesunde Menschen heranwachsen zu sehen (das fängt ja ganz grundlegend spätestens schon bei der Geburt an, die jahrzehntelang von Ärzten verkorkst worden ist, und jetzt wollen sie schon wieder die Hebammen aus ihrem Metier drängen). Menschen mit Urvertrauen, Selbstbewusstsein, Mut und Empathie, die dann auch fähig sind, zu Weltenrettern zu werden. Das hört sich wohl hochtrabend an, wie ein Märchen, aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass dieses Büchlein ein weiteres der vielen kleinen Puzzleteilchen ist, die das Ruder herum reißen.
Was gibt es gefährlicheres für unser wirklich übles Wirtschafts- und Bankensystem als Konsumverweigerer? Solche Gedanken machen mir zugegebenermaßen Spaß – zum Glück steht nicht all dies in dem Buch, haha …
Welche Themen abgesehen von der Ernährung findest Du noch spannend?
Uih – sehr, SEHR viele. Das würde hier wirklich den Rahmen sprengen, denn Zeit meines Lebens bin ich dabei, mich in viele Dinge zu vertiefen – stell Dir einen Baum vor, und die ersten Jahre sind der Stamm, und dann fängt das Verzweigen an – jeder Ast gabelt sich hundertfach …
Aber gut, mal ein paar Bonbons, die ich liebe: Gesang und Stimmbildung nach der Lichtenberger Methode (gibt’s auch beeindruckende Literatur zu), Hand-, Fuß- und Antlitzdiagnose, den ganzen Bereich der Psychosomatik, Kommunikation (damit meine ich nicht GFK [Gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg]), Tierkommunikation und Natural Horsemanship, natürliche Heilweisen, z.B. Steinheilkunde, Kornkreise (schöne Bücher! z.B. im AT-Verlag), alle vermeintlich konträr zur sogenannten Wissenschaft verblüffenden Forschungen wie die von Viktor Schauberger, Wilhelm Reich, Nicola Tesla …
Auf welches Thema dürfen wir uns als nächstes bei Dir freuen?
Ich schreibe gerade mit Ruediger Dahlke ein Buch übers Fastenwandern, erscheint bei Droemer Knaur und wird hoffentlich schön! Mit Fastenprogramm auch für Zuhause und viele Ideen zur Rückverbindung mit der Natur, Entschleunigung, Klärung von Körper, Geist und Seele.
Welche Autoren würdest Du noch empfehlen, um sich einen schönen Nachmittag zu machen oder um sich bei Deinen Lieblingsthemen weiterzubilden?
Schöner Nachmittag klingt ja eher nach Belletristik, da bin ich ein bisschen altmodisch mit meinem Geschmack, weil gar nicht auf dem neusten Stand, was es da so alles Schönes gibt. Zugegebenermaßen lese ich fast ausschließlich Fachliteratur. Aber ich liebe Lyrik, zum Beispiel Rilke – aber auch epische Literatur, wie die „Erzählungen“ von Tschingis Aitmatow. Außerdem John Irving oder auch die wirklich abgefahrenen Erzählungen und gesammelten neurologischen Besonderheiten aus den Arztjahren Oliver Sacks („Der Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte“ und andere). Autobiografische Literatur finde ich auch spannend, weil mich der Mensch in all seinen Facetten interessiert – wie ist er geworden, was er ist? Gerührt hat mich zum Beispiel als letzte die von Hape Kerkeling.
Weiterbilden: „Das Geheimnis der Lebensenergie in unserer Nahrung“ von Ruediger Dahlke, „Was uns wirklich nährt“ von Burkhard Hickisch – und so viele mehr …
Welches Buch würden wir auf Deinem Nachttisch finden?
Momentan: „High Times – mein wildes Leben“ von Uschi Obermeier und Olaf Kraemer,
„Input Ernährung“ von Marianne Niederer, „Gedichte für Reisende“ (dtv), „Auralesen und alte Therapien der Essener“ von Anne Givaudan, „Das Tier als Spiegel der menschlichen Seele“ von Ruediger Dahlke und Irmgard Baumgartner, und ein Vogel-Bestimmungsbuch (Bruun /Delin/Svensson: „Der Kosmos-Vogelführer“) liegt immer da, weil ich vom Bett aus nur ins Grüne blicke.
Pardon, ich lese oft viele Bücher gleichzeitig, wahrscheinlich eine ekelhafte Vorstellung für Romanverliebte.
Gibt es noch etwas, das Du Deinen Lesern sagen möchtest?
Ja: vielen Dank! Ich hoffe, ihr seid inspiriert und habt Freude am Leben!
Danke für das Interview!