Humberg01Christian Humberg ist ein umtriebiger Autor, Übersetzer und Lektor. In seiner langen Karriere reiht sich ein Highlight an das nächste, so dass Fans seiner Arbeit sich in sehr vielen Genres zu Hause fühlen müssen, wollen sie ihm durch das Reich seiner Veröffentlichungen folgen. (Foto: Copyright Christian Humberg)

Vielen Dank, dass Sie die Zeit für das Interview gefunden haben.
Schon seit langem arbeiten Sie als Übersetzer, Autor und Lektor. War das schon immer Ihr Berufswunsch oder wie sind Sie dazu gekommen?

Im Prinzip war das tatsächlich schon immer mein Wunsch – sieht man mal von der Phase „Feuerwehrmann / Lokführer“ in Kindertagen ab. Zumindest sah ich bereits in meiner Jugend sehnsüchtig zu den zumeist US-amerikanischen Kollegen, die als Textarbeiter ihren Lebensunterhalt bestritten und deren zumeist phantastische Werke ich mit Freuden las. Ich wusste also, dass es diesen Berufsweg gibt – ich hatte nur arge Zweifel, ob er auch in Deutschland, wo der Markt natürlich deutlich kleiner ist, begehbar war.

Dann kam mein dreißigster Geburtstag. Ich hatte inzwischen Buch- und Literaturwissenschaft studiert, viel journalistische Berufserfahrung gesammelt und machte mir so meine Gedanken. Als mein damaliger Arbeitsvertrag auslief – ich war festangestellter Redakteur –, dachte ich mir: „Wenn du es jetzt nicht als freier Autor versuchst, versuchst du es nie.“ Also ließ ich es darauf ankommen. Das habe ich bis heute nicht bereut – im Gegenteil.

Ihre Kinderbuchserie „Drachengasse 13“, die Sie mit Bernd Perplies schreiben, ist ein großer Erfolg. Ab Herbst 2013 wird die Reihe ins Tschechische und Slowakische übersetzt. Wie haben Sie reagiert, als Sie davon erfahren haben, und in welche Sprache hätten Sie gerne, dass Ihre Romane noch übersetzt werden?

Es ist immer ein Fest und eine Ehre, wenn die eigenen Bücher auf Wanderschaft gehen. Bernd Perplies und ich freuen uns schon sehr auf die Veröffentlichungen im Ausland und sind gespannt, welche neuen Freunde Tomrin, Sando, Hanissa und Fleck von dort mitbringen. Für mich, der in jungen Jahren mit Begeisterung tschecheslowakisches Kinderfernsehen geschaut hat – „Luzie, der Schrecken der Straße“; „Pan Tau“; „Die Besucher“ usw. – schließt sich da sogar ein Kreis, irgendwie. Schön!

Natürlich steht die Drachengasse auch allen weiteren interessierten Leserländern offen.

Sie arbeiten auch an der „Geek!“ mit, einer Zeitschrift für Science-Fiction-Freunde. Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit und was gefällt Ihnen daran am besten?

Zur „Geek!“, die wir bei Panini herausbringen, kam ich über das inzwischen eingestellte Magazin SpaceView, dessen Quasi-Nachfolge die „Geek!“ angetreten hat. In der SV, deren Redaktion ich viele Jahre und bis zum Schluss angehörte und deren Kolumnist ich wurde, machte ich meine ersten überregionalen, professionellen Veröffentlichungen. Über die SV und ihre Chefredaktion kam ich an meine ersten Sachbuchaufträge, schrieb erste Bücher. Viel von dem, was ich heute beruflich mache und kann, geht direkt auf die SpaceView und „meine“ dortigen Chefs Juliane Wimmer und Markus Rohde zurück.

Als Markus dann bei Panini die „Geek!“ lancierte, war ich von Anfang an und mit großer Begeisterung mit an Bord. Ich mag Phantastik – das Thema des Magazins – in all ihren Formen und läse die „Geek!“ wohl auch, wenn ich nicht an ihr mitarbeiten würde.

Wie verlaufen Ihre Kurse im Kreativen Schreiben und wie können Interessierte daran teilnehmen?

Die Kurse entstanden aus dem Willen, nachwachsenden Phantastik- und/oder Unterhaltungsautoren ein wenig von der Schützenhilfe angedeihen zu lassen, die ich selbst genießen durfte, als ich in die Branche einstieg. Meist stemme ich diese Kurse mit meiner Kollegin Andrea Bottlinger, mit der ich kürzlich auch das Buch „Sorge dich nicht, beame!“ schrieb. In unseren Sitzungen lernen die Teilnehmer den deutschen Buchmarkt und seine Anforderungen besser kennen, erarbeiten unter unserer Anleitung Romaninhalte, Exposés, Leseproben. Hauptaugenmerk liegt dabei auf der Markttauglichkeit der Arbeiten; wir wollen Karrieren fördern, nicht für Schubladen schreiben. Das bedeutet zwar, dass wir unseren Schülern immer mal wieder Illusionen rauben müssen, aber wir ersetzen diese durch Fachkenntnis und Insiderwissen.

Wer Interesse an einem unserer Kurse hat, kann gern unsere Websites (www.christian-humberg.de, www.traumsphaeren.de) im Auge behalten. Dort stehen immer die aktuellen Termine. Der nächste Kurs startet Ende Oktober 2013 in Mainz.

Sie schrieben und schreiben in einer Vielzahl von Universen, wie „Professor Zamorra“, „Der Hexer von Salem“, „Perry Rhodan Neo“ oder „Das Schwarze Auge“. Ist es schwer, in den Welten anderer ein Zuhause für sich selbst zu finden oder fällt Ihnen das leicht?

Ich habe das große Glück, meine Kreativität als Geschichtenerzähler in mehreren Genres und Literaturarten (und unter mehreren Namen) austoben zu dürfen. Diese Abwechslung bereichert meinen Arbeitsalltag seit Jahren und ist ein entscheidender Grund dafür, dass mir dieser Beruf bis heute so viel Freude macht. Sie hält mich geistig wach. Sie garantiert mir, dass kein Projekt wie das vorherige ist.

Als Fan der genannten literarischen Welten hatte ich nirgendwo besondere Einstiegsschwierigkeiten. Perry Rhodan und ich haben es gemeinsam sogar auf die Bestsellerliste geschafft, was uns beide sehr freut.

Ihre Sachbücher beinhalten ebenfalls ein breites Spektrum: „Tokio Hotel“, „Dr. House“, „Boston Legal“, „50 Jahre LEGO Stein“, „1, 2 oder 3 – Das offizielle Quizbuch zur ZDF-Sendereihe“. Wie kommt es, dass Sie so viele Themen bearbeiten?

Ich glaube, da kommt der gelernte Journalist durch. Für diesen Beruf muss man neugierig sein und sich seine Neugierde bewahren. Man sollte in jedem Thema Aspekte finden, die einen persönlich interessieren, vielleicht sogar faszinieren, denn man schreibt stets für ein interessiertes Publikum. Diese Lektion habe ich mir vom Journalismus zum Sachbuch hinübergerettet. Wenn ich ein solches Buch schreibe – und die meisten der genannten waren Auftragsarbeiten, mit denen Verlage an mich herantraten – suche ich mir stets den thematischen Aspekt heraus, der mich selbst interessiert. Wie müsste ein Buch zu „Tokio Hotel“ aussehen, damit es auch für mich einen Lesereiz hat? Was an „Dr. House“ packt mein Interesse? Wenn ich diese Aspekte finde, kann ich das Buch angehen – denn wenn ich schon beim Schreiben bzw. Recherchieren Spaß und Interesse habe, überträgt sich das auf den Leser. Davon bin ich überzeugt.

Sie arbeiten oft mit anderen Autoren zusammen. Wie gestaltet sich das und welche Herausforderungen bietet eine solche Zusammenarbeit für Sie?

Wann immer ich Bücher mit geschätzten Kollegen schreibe – mit Andrea Bottlinger bei „Sorge dich nicht, beame!“, mit Bernd Perplies bei „Drachengasse 13“, mit Christian Lukas bei „Dr. House“, mit Mike Hillenbrand bei „TREKminds“ usw. –, läuft die Arbeit eigentlich recht ähnlich ab. Schritt eins: Man erarbeitet sich gemeinsam ein detailliertes Kapitelexposé. Das erfährt während des Schreibprozesses zwar durchaus noch Änderungen, bietet uns Autoren aber das notwendige Rüstzeug, uns beim Ausformulieren der einzelnen Buchpassagen nicht zu verlieren. Schritt zwei: Man teilt die einzelnen Segmente geschwisterlich auf und schreibt parallel an den Texten. Wichtig ist dabei, sich auch während des Schreibens immer wieder auszutauschen, um den gemeinsamen Tonfall und die Richtung nicht zu vergessen. Ist eine Passage fertig, bekommt sie der jeweils andere zur Überarbeitung. In diesem dritten Schritt besprechen wir etwaige Anschlussfehler, neue Ideen und neu aufgetretene Fragen. Indem jeder die Arbeit des Gegenübers frei kritisieren und verbessern darf, garantieren wir, dass das fertige Manuskript letzten Endes sprachlich und stilistisch aus einem Guss ist. Stimmig, eben.

Ihre vielen Übersetzungen von „Star Trek: Deep Space Nine“ zeugen von einer gewissen Treue zum Sujet. Was an Star Trek gefällt Ihnen so gut, dass Sie in diesem Universum gerne weiter arbeiten?

Star Trek war mein Einstieg in die berufliche Phantastik. Meine ersten Magazinartikel schrieb ich für ein Star-Trek-Fanzine, meine ersten professionell veröffentlichten Magazinartikel über Star Trek. Ich habe zwei Sachbücher zu diesem Franchise geschrieben, zahlreiche Regisseure, Autoren und Schauspieler interviewen dürfen, auf Conventions moderiert und inzwischen über zwanzig Trek-Romane übersetzt. Ich schulde der Serie etwas, seit ich mich als Kind mit wohligem Gruseln hinter dem Sofa versteckte, wenn auf der Mattscheibe Klingonen auftauchten. Sie hat mich geprägt – beruflich, wie geschildert, aber durch ihre Philosophie des friedlichen Miteinanders und der Freude am Fremden auch menschlich. Es ist schön, dass sie aktuell im Kino neue Erfolge feiert. Vielleicht gelingt ihr das irgendwann auch wieder mit stimmigeren Drehbüchern.

Sorge dich nicht, beame!“ ist ein Ratgeber der besonderen Art für Nerds. Was hat Ihnen an der Arbeit daran am meisten Spaß gemacht?

„Sorge dich nicht, beame!“ ist in erster Linie ein Buch zum Schmunzeln. Eine Ansammlung durchaus nicht ganz unabsurder Ideen und Beobachtungen, zusammengetragen und aufbereitet von zwei auch nicht immer ganz unabsurden Freunden der gepflegten Phantastik und des Geektums. Wir analysieren alltägliche Probleme und prüfen, ob uns unsere Helden aus der Film- und Fernseh-SF hier Lösungsvorbilder sein können. Wir fragen quasi: „Was würde Han Solo tun?“ Daraus erwachsen dann lustige Erkenntnisse, von denen einige sogar tatsächlich weiterhelfen.

Zu unserer großen Begeisterung haben die Leser uns sogar auf die Shortlist für den Deutschen Phantastikpreis 2013, einen reinen Publikumspreis, gebeamt (Kategorie: Bestes Sekundärwerk). Wer uns auch noch aufs Siegertreppchen helfen möchte, kann dies bis zum 28. Juli 2013 unter www.deutscher-phantastik-preis.de tun. Wir freuen uns über jede Stimme. (Und in den anderen Kategorien finden sich liebe Kollegen wie Bernd Perplies, T.S. Orgel und Jens Schumacher sowie die Anthologie „Die Köche – Die Speisekammer des Schlemmens“, in der ich mit einer Kurzgeschichte vertreten bin.)

Womit entspannen Sie sich, wenn Sie mal Pause von der Arbeit brauchen? Haben Sie Literaturtipps für Ihre Fans (Bücher, Comics oder Audiobooks)?

Wenn ich Zeit habe, aber keine Gesellschaft, genieße ich gern die kreative Arbeit anderer. Ich lese wahre Unmengen an Büchern aus den unterschiedlichsten Genres – die besten Romanideen finde ich in Sachbüchern –, sehe gern gut gemachte, zumeist ausländische TV-Serien und höre Musik und Podcasts. Darüber hinaus trete ich stets gern bei Lesungen und Messen auf, treffe mich regelmäßig mit Kollegen zum ungezwungen-kreativen Gedankenaustausch oder gehe einfach spazieren.

Vielen herzlichen Dank!