Aveleen Avide hat sich einen Namen als deutsche Erotikautorin gemacht. Ihre Bücher verkaufen sich äußerst gut und tragen dazu bei, dass auch deutsche Autoren in diesem Bereich nun gerne gelesen werden. (Foto: Copyright Aveleen Avide)
Danke, dass Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast.
Ich freue mich, dass du mich interviewst.
Über meine Buchverkäufe kann ich tatsächlich nicht klagen. Meine Bücher sind allesamt Longseller und zwei davon waren bei Amazon.de in der Top 25 der Jahresbestseller Erotik; „Seidene Küsse“ sogar zwei Jahre in Folge. Besonders gefreut hat mich, dass „Samtene Nächte“ im Online-Magazin „Men’s Health“ als Tipp für Männer, was Frauen sich wirklich wünschen, genannt wird (dauert ein paar Sekunden, bis es sich öffnet).
Wie bist Du auf Dein Pseudonym gekommen, das sich wunderbar exotisch anhört?
Ach schön, dass du das so sagst.
Ich habe tatsächlich zwei Wochen recherchiert. Nachdem ich fünf Namenskombinationen gefunden hatte, habe ich mir von meinem Exchef aus der Werbeagentur eine Analyse geben lassen.
Lustig, dass ich mich an die Analyse meines Pseudonyms Aveleen Avide immer noch erinnern kann. Er meinte: „Der Name klingt etwas konstruiert, aber er klingt sehr melodiös und sehr weiblich. Auch wenn Avide ohne ‚accent aigu‚ [Anm.: aus dem Französischen bekannt als „é“] gesprochen wird, solltest du es aussprechen, als hätte es eines.“
Ich hatte sehr viele Anforderungen an meinen Namen. Ich nenne nur einmal ein paar davon: Ich sollte mich damit identifizieren können. Den Namen sollte es in dieser Kombination nicht im Internet geben. Er sollte weiblich und wohlklingend sein. Er sollte zur Erotik passen. Aveleen, da steckt Eva drinnen und Avide ist aus dem Französischen und bedeutet u.a. lüstern.
Dass mein Name ausgesprochen so melodiös klingt, freut mich nun genauso, wie dass ich mich umdrehe, wenn jemand Aveleen ruft.
Was genau hat Dich an Erotikromanen so sehr fasziniert, dass Du selbst angefangen hast, sie zu schreiben?
Ich liebe alles Sinnliche. Ich wollte mich auch zuerst in Erotik versuchen, weil es eben da eine Möglichkeit gibt, einen eigenen Band mit Kurzgeschichten herauszubringen. Das gibt es bei keinem anderen Genre, außer jemand ist berühmt.
Da ich nicht sofort gut schreiben konnte, habe ich ein Fernstudium bei der Schule des Schreibens gemacht. Dort wurden mir die ersten schriftstellerischen Schritte beigebracht. Der Studienleiter meinte: „Frau Avide, sie scheinen ein Händchen für erotische Literatur zu haben. Warum versuchen Sie nicht, einen Band mit erotischen Kurzgeschichten zu veröffentlichen?“
Das Fieber hatte mich gepackt. Ich habe sofort mit dem Schreiben an „Seidene Küsse“ begonnen. Das Ergebnis: Ich schreibe am vierten Band mit erotischen Kurzgeschichten, der 2013 veröffentlicht wird. So hat sich der Kreis wieder geschlossen.
Du bist stets sehr schick gekleidet, egal, wo man Dich trifft. Gehört das zu Deiner Persona oder bist das 100% Du?
*Lach* Das bin ich! Definitiv. Darauf werde ich sehr oft angesprochen. Oh, ich ziehe auch sportliche Sachen an. Darauf habe ich aber keine Lust, wenn ich als Aveleen unterwegs bin. Sportliche Sachen kann ich das ganze Jahr anziehen, aber edelsexy oder stylish eben nicht. Da ich aber all diese Stile sehr liebe, bin ich also froh, dass ich auch meine schönen Kleidungsstücke ausführen kann.
Meine Mutter sagt, Modegeschmack ist mir in die Wiege gelegt worden und ich wiederum kann zum Beispiel gar nicht verstehen, wie es ist, wenn man ohne guten Geschmack leben muss. Vor allem, wenn sich diese Menschen den Verkäufern auf Gedeih und Verderb ausliefern müssen und auch dementsprechend aussehen. Ausnahmen gibt es natürlich.
Eine Bekannte, die Schreibworkshops gibt, hat einmal zu mir gesagt: „Aveleen, vor ein paar Tagen sah ich eine Frau in der U-Bahn … Zuerst dachte ich, du wärst es. Sie war sehr gut angezogen. Dann dachte ich, irgendetwas ist anders. Dann fiel es mir ein. Die andere Frau war gut angezogen. Aber du hast Stil.“ Bah! Da war ich platt.
Ich habe aber nicht nur für mich Geschmack. Ich habe auch schon früher als Verkäuferin vielen Frauen geholfen, ihren Stil zu finden, und immer wieder gehe ich mit Bekannten shoppen, um sie zu beraten. Ich werde inzwischen weiterempfohlen. Sie sind und waren allesamt hellauf begeistert.
Einhellige Reaktion auf deren Veränderung: „Sie haben gesagt, ich sehe so toll aus!! Aber sie wissen nicht, woran es liegt.“ Und darin liegt das Geheimnis, das für mich keines ist.
Genau das macht die richtige Kleidung mit einem Menschen! Sie verkleidet ihn nicht, sie bringt ihn vorteilhaft zur Geltung. Das heißt eben nicht, dass man nur noch hübsche und/oder unbequeme Fummel anziehen und unbequeme Schuhe tragen muss. Nein. Absolut nicht. Wenn jemand ein sportlicher Typ ist, dann gibt es auch dafür hunderttausend vorteilhafte Kleidungsstücke.
Ich habe wohl dieses „Gen“, andere nicht zu verkleiden, sondern sie zu ihrem Vorteil einzukleiden. Und auch die Ausrede, Mode kostet viel, ist hinfällig. Es gibt für so wenig Geld schon gut verarbeitete Mode für jede Stilrichtung und jede Figur, ohne dass die Sachen billig aussehen würden.
Was sagen die Leute, wenn Du ihnen mitteilst, womit Du Deine Brötchen verdienst?
Erotik? Es macht sie in jedem Fall ausgesprochen neugierig. Und man hat sofort Gesprächsthemen. Sei es nun, dass Frauen oder Männer einen Rat von mir haben möchten. Oder sie freuen sich, endlich mal jemanden zu haben, den sie Intimeres fragen können. Beispielsweise denken Frauen ganz oft, ihre Wünsche wären abnorm. Was sie nun wirklich nicht sind.
Ich bemerke aber auch ein Stadt-/Landgefälle. In der Stadt erzählen mir ganz viele Frauen und Männer, dass sie in Swingerclubs gehen und/oder im Internetportal „Joyclub“ [Anm.: ein kostenloses Sexforum] sind. Meist ohne Wissen ihres Partners. In den ländlichen Gegenden sind sie froh, endlich jemanden zu haben, mit dem sie über dieses „Tabuthema“ reden können.
Ganz selten treffe ich auf Menschen, die dieses Thema peinlich berührt. Die Mehrzahl findet es ungeheuer spannend.
Mit wem Deiner Helden würdest Du Dich auf ein romantisches Date einlassen und weshalb?
Da gibt es ein paar. Zum Beispiel der Privatguide Aiden aus „Hitze auf meiner Haut“. Er wäre ein Mann so ganz nach meinem Geschmack. Selbstbewusst, plappert kein unsinniges Zeugs daher, ist sehr männlich, dennoch achtet er die Bedürfnisse der Frau. *Schmelz dahin*
Oder der Bildhauer Ryan aus meiner Geschichte „Nackte Lust“. Puh, wie er die Reporterin ins Grübeln bringt. Sein reiferes Auftreten, gepaart mit dem Künstler. Ich fürchte, da könnte ich schwach werden. Ach, was sage ich! Ich würde schwach werden.
Oh!!! Nicht zu vergessen, Aaron/Mel aus meiner Geschichte „Magische Momente“. Das unterschwellig Traurige, sein mystisches Auftreten … Ich würde einfach nur dahinschmelzen.
Ich habe mich mit anderen Erotikautorinnen unterhalten: was soll ich sagen, wir haben allesamt ein Faible für dunkelhaarige Männer. Bei der Länge der Haare und der Augenfarbe scheiden sich allerdings unsere Geister. Und es fällt mir zum Beispiel sehr schwer, einen sexy Mann aus meiner Geschichte in einer anderen Haarfarbe niederzuschreiben. Was ich trotzdem mache, da es bestimmt auch Frauen gibt, die auf Blond stehen. 🙂 Habe ich mir sagen lassen. 😉
Welche Autoren sind für Dich eine Inspiration?
Da gibt es so viele. Aber wenn ich beim Genre Erotic bleibe, dann finde ich die nachfolgenden Autorinnen toll. Ob sie mich inspirieren – vielleicht: Inka Loreen Minden/Lucy Palmer, Ivy Paul, Jazz Winter und Nina Jansen. Ich kann jetzt unmöglich alle meine tollen Kolleginnen aufzählen. Ich hoffe, die fehlenden Kolleginnen nehmen es mir nicht übel!?
Du bist stets up-to-date und bewegst Dich mühelos in den Netzwerken des Internets. Ist das etwas, das Du von Dir selbst verlangst oder ist es für Dich eine notwendige und logische Weiterentwicklung für Autoren?
Ich hatte gottlob einen Job in einer Werbeagentur, in dem ich die ersten Schritte des Internets miterlebt habe. Als ich mit dem Schreiben anfing, wusste ich sofort, das war meine Chance, um ohne viel Geld die Aufmerksamkeit der Leser zu bekommen. So fing alles an. Mir macht es aber auch unglaublich viel Spaß, mich auf so einfache Weise mit Kolleginnen, Lesern und Fans zu unterhalten.
Ich finde aber auch, nur Autoren wie – um ein paar Beispiele zu nennen – Peter James, Sebastian Fitzek, Richard Dübell, Joy Fielding usw. können es sich leisten, nicht im Netz aktiv zu sein. Aber gerade sie sind es! Sie sind alle nah an ihren Lesern und ihren Fans dran. Das sollte jedem nicht berühmten Autor und jedem Autor, der nicht vom Schreiben leben kann, zu denken geben. Ab ins Netz. 🙂
In einer Diskussion auf der Booklover Conference fielen die Begriffe Essensfetisch und BDSM. Gibt es erotische Bereiche, über die Du noch schreiben willst, und über welche würdest Du nie im Leben schreiben?
Über Sex zwischen zwei Männern will ich unbedingt noch schreiben. Ich hatte bisher leichte Hemmungen davor, bis ich in Lucy Palmers Buch eine megaheiße Gladiatorengeschichte gelesen habe. So viel zur Inspiration.
Ich schreibe momentan sehr gerne romantische, lustige, überraschende erotische Geschichten. Das ist es, was mir Spaß macht. Ich will derzeit keine anspruchsvolle Literatur schreiben, denn ich will viele Menschen erreichen und heiß machen mit meinen Geschichten und nicht nur eine Handvoll Intellektuelle begeistern.
Aus diesem Grund kommen schon mal viele Thematiken nicht in Frage, auf die ich aber derzeit auch keine Lust habe, darüber zu schreiben. Um ein paar Beispiele zu nennen: Eine Feeder-Geschichte. Falls jemand nicht weiß, was das ist? Es geht um einen Mann, der aus seinem Fetisch heraus die Frau mästet – anders kann man es nicht nennen -, bis sie nicht mehr ohne Hilfe aufstehen kann, da er sie auf Hunderte von Kilos angemästet hat.
Oder auf „Champagner und Kaviar“ habe ich erst recht keine Lust. Kaviar hört sich wunderschön an, nicht wahr? Aber hier geht es um Fäkalien und Champagner ist das Pendant dazu.
Auf ungesetzliche Beziehungen habe ich keine Lust zu schreiben. Ich werde nichts über eine Frau schreiben, die nicht will oder unfreiwillig erniedrigt wird – BDSM ausgenommen. Auch Tiere kommen nicht in Frage.
Wobei man über Lolitas ja schon sehr anspruchsvolle Filme kennt. So wäre das für ein anspruchsvolles erotisches Buch vielleicht schon mal etwas.
Oder wenn es ein Skandalbuch werden soll, dann könnte man sich auch einiges überlegen. Aber ich denke, ich werde lieber Mainstream schreiben und kein Skandalbuch. Ich möchte aber auch niemals nie nicht sagen … Ich bin schriftstellerisch erst am Anfang, da ist noch viel Luft nach oben.
Fetische: Wenn ein Essensfetisch beinhaltet, dass jemand darauf steht, jemand anderen mit Leckereien zu belegen und es dann von ihm zu naschen … So etwas gibt es schon in meinem Buch „Purpurne Lust“ in der Geschichte „Sündige Früchte“. Wobei es da kein Fetisch, sondern ein spielerisches Element ist.
Ein Fetisch beinhaltet ja, dass man den Fetisch benötigt, um seine Befriedigung zu erlangen. Die einen benötigen den Fetisch zur Stimulation, die anderen nehmen ihn als Ersatz für den Menschen. Ich finde das ein wenig schade, denn diesen Menschen bleiben so viele andere Spielarten versagt, jedenfalls, wenn sie auf die Befriedigung großen Wert legen und ohne diesen Fetisch eben keinen vollkommenen Höhepunkt erleben können.
Die Geschichte „Sündige Früchte“ finden Frauen, Männer und auch die schreibende Zunft sehr anregend. Ich bekomme immer wieder gesagt: „Seit ich die Geschichte gelesen habe, sehe ich Obst mit anderen Augen.“ Ich schon lange. 😉
Auf Ästhetik lege ich einfach bei meinen erotischen Geschichten sehr großen Wert. Aus diesem Grund gibt es schon mal keine Feeder-Geschichte und auch keinen „Kaviar“ in meinen erotischen Geschichten. Auch sollen die Frauen Spaß an dem haben, was sie machen. Gerne gebe ich meinen Leserinnen und Lesern Aha-Effekte mit, was Spielzeuge oder Orte anbelangt. Und mein oberstes Ziel ist es, dass den Leserinnen und Lesern seeeeehr heiß wird. Bevorzugterweise sollen sie Lust bekommen, es mit ihrem Partner oder mit der Partnerin sofort auszuleben.
Da Du ein sehr umtriebiger Mensch bist – wie organisierst Du Dich, um Dein unglaubliches Pensum zu meistern?
Organisieren ist mein Ding. Ich bin eine strukturierte Künstlerin. Nicht lachen, das ist kein Widerspruch in sich. So nutze ich die Tramfahrten zur Arbeit für Facebook oder/und meine Mails vorzusondieren. Da ich oft nicht schlafen kann, stehe ich einfach sehr früh auf (zwischen 4 und 5:30 Uhr) und bereite Interviews für meinen Blog vor, checke Mails, oder räume auf.
Dann fange ich gegen 7 Uhr in der Firma zu arbeiten an. Gegen Mittags habe ich dann meinen Job erledigt. Meist kommt dann das lange Mittagsschläfchen von eineinhalb Stunden. Dann mache ich noch eine längere Pause und arbeite so ab 16 / 17:30 Uhr weiter. Da schreibe ich. Bei schönem Wetter gehe ich lieber gleich nach der Arbeit oder nach dem Mittagsschläfchen raus zum Schreiben. Denn es könnte ja abends schon schlechtes Wetter werden. 😉 Wenn ich einen Abgabetermin habe, schreibe ich bis 21/22/23 Uhr. Je nachdem, wie gut es fließt und wie sehr ich unter Zeitdruck stehe.
Größere Sachen mache ich am Stück. Die liebe Steuer, größere Putzaktionen, Website aktualisieren, Interviewanfragen machen, Adresslisten auf Vordermann bringen, Ideen für meinen Blog ausarbeiten und umsetzen, Interviews zum Onlinestellen vorbereiten, Fotos und Cover in sevenload hochladen. Berichte über Lesungen schreiben, Videos schneiden, und gefühlte tausend andere Dinge.
Welchen Romanen würdest Du mehr Beachtung wünschen und einen Platz in den Bestsellerlisten?
Ich komme eigentlich meist nur noch zum Querlesen meiner Kolleginnen aus dem Erotikgenre. Denn das ist meine Arbeitsliteratur. 🙂 Toll gell! 🙂 Und da wünsche ich allen diesen Erfolg. Einige Kolleginnen hatte ich ja oben schon genannt.
Liebe Julia, es waren doch etliche Fragen dabei, die mir noch nie gestellt wurden. Es hat Spaß gemacht, sie zu beantworten.
Vielen Dank für Deine Zeit und die spannenden Einblicke in Deine Arbeit.