Annabel RoseAnnabel Rose ist die Autorin von erotischen Romanen, mit denen sie sich bereits einen Namen gemacht hat. Da sie demnächst einige neue, heiße Eisen im Feuer hat, ergab sich die Gelegenheit, mit ihr ein Interview zu führen. (Foto: Copyright Annabel Rose)

Du sagtest einmal, dass Du über „Der Kuss“ von Rodin zur Kunst gekommen bist. Diesen Künstler liebe ich auch sehr und kann das daher gut verstehen. 😉 Wie schlägt sich das in Deinen Romanen nieder?

Um die Frage zu beantworten, muss ich etwas weiter ausholen. Ich war damals gerade mit dem Abitur fertig und machte ein Au-Pair Jahr in Paris. Irgendwann ging ich in das Musée Rodin und sah dort diese schneeweiße, lebensgroße Skulptur. Ich ging um den Kuss herum und weiß noch wie ich dachte: Mein Gott ist das schön! Gleich bewegen sie sich, gleich streicheln sich. Dieser Moment war wie eine Erleuchtung für mich. Ich hatte zum ersten Mal das Gefühl, das mich Kunst berührte. Sie drang quasi in mich ein – fühlbar. Und so ähnlich geht es den Figuren in meinen Büchern, wenn sie Sex haben. Nein, eigentlich ist Sex ein zu profanes Wort dafür. Es geht um mehr, nämlich um Sex mit einer Person, die man liebt. Ich denke, es gibt viele Dinge, die einen so berühren können. Musik ist ein gutes Beispiel. Wer kennt das nicht, dass er beim Hören eines bestimmten Liedes eine Gänsehaut bekommt? Einfach deshalb, weil die Gefühle beim Hören der Musik so stark sind. So ging es mir mit Rodins Kuss – und meinen Figuren geht es so, wenn sie sich einer geliebten Person ganz und gar hingeben.

Rodins Kuss ist für mich immer noch erlebbare Sinnlichkeit. Und das hat sehr viel mit Sex und Erotik zu tun – also auch mit den Büchern, die ich schreibe.

Rose_SwingerDiariesDein Lieblingsgenre scheint der Mittelalterroman zu sein. Gibt es inzwischen schon eine Idee für einen Roman, der dort spielt, oder müssen sich Deine Leser noch gedulden?

Ja, ich denke, darauf müssen meine Leser noch lange warten. Ich weiß auch gar nicht, ob die Leser das von einer Erotik-Autorin erwarten. (lacht) Eine Idee habe ich aber schon. Allerdings spielt sie noch weiter zurück in unserer Zeitrechnung als das bei mittelalterlichen Romanen der Fall ist. Ich finde es unglaublich schwierig, solch einen Roman zu schreiben und das nicht nur wegen der intensiven Recherche, die dafür nötig ist. Nein, ich finde es deshalb so schwierig, weil ich gerne etwas Neues erzählen möchte und nicht die fünfte Version von Säulen der Erde oder vom Medicus. Das Mittelalter ist eine faszinierende Zeit für mich. Viele Dinge waren in Vergessenheit geraten und doch haben es die Menschen geschafft, Häuser und Städte zu bauen, die wir heute noch für ihre Architektur und Schönheit bewundern. Aber wie gesagt: Ich spiele mit dem Gedanken ein Buch zu schreiben, das noch weiter in der Zeitgeschichte zurückgeht, etwa so um die Zeit kurz vor Christi Geburt.

Und ich würde sehr gerne eine Komödie schreiben – für mich übrigens das schwierigste Genre überhaupt.

Wie reagierst Du, wenn Du jemandem sagst, dass Deine Romane erotisch sind, und derjenige – wie einige Deiner Mitautorinnen mit Sicherheit selbst erlebt haben – ein wenig prüde oder verwirrt darauf eingeht?

(lacht) Es ist erstaunlich, aber die meisten Leute reagieren sehr positiv darauf. Verwirrung oder Prüderie sind mir bisher nur sehr selten begegnet. Die meisten finden es an sich schon aufregend überhaupt jemanden zu kennen, der ein Buch veröffentlicht hat – und dann auch noch Erotik! Viele fragen mich allerdings, warum gerade Erotik und nicht etwas anderes? Und meine Antwort lautet: Weil es Spaß macht! Und weil es für jeden interessant ist, denn es ist etwas, das uns alle angeht und was wir uns alle wünschen. Interessanterweise reagieren Frauen anfänglich oft verhaltener als Männer. Und das, obwohl doch angeblich mehr Frauen Erotikromane konsumieren als Männer. Das finde ich erstaunlich.

Natürlich kommen dann immer Fragen wie: „Hast Du das alles selbst erlebt?“ Dann antworte ich, dass ich natürlich meine erotischen Erfahrungen einfließen lasse, aber ganz viel von dem, was ich schreibe, ist auch meiner Phantasie entsprungen. Es ist eben eine Mischung aus beidem. Manche Dinge habe ich erlebt – aber niemals ganz genauso wie in meinen Geschichten. Etwas verändere ich immer, wandle es ab, sodass es in die Geschichte passt. Es ist mir allerdings schon passiert, dass mich Leute gefragt haben, ob meine Sprache nicht zu pornografisch sei. Aber dann frage ich mich, wie man denn Erotik schreiben soll, ohne die Dinge beim Namen zu nennen. Und ganz ehrlich: Wenn es richtig heiß hergeht im Bett, sagt man dann etwa: „Schatz, du kannst jetzt dein Glied in meine Vagina einführen“? (lacht laut) Ganz sicher nicht. Man denkt wohl eher: Ich will dich! – oder: Nimm mich endlich! – oder vielleicht auch: Los! Fick mich!

Aber in jedem Fall wird man emotionale Ausdrücke dabei im Kopf haben – schließlich ist Sex eine der stärksten Emotionen, die wir kennen, und wieso sollte sich das nicht auch in der Sprache widerspiegeln? Insgesamt habe ich aber die Erfahrung gemacht, dass die Leute ihre Scheu verlieren – und sogar immer neugieriger und interessierter werden – je länger man mit ihnen über das Thema redet. Offenbar brauchen manche Menschen einfach einen kleinen Anstupser oder öffnen sich womöglich erst, wenn sie erkennen, dass sie für ihre Ansichten nicht verurteilt werden.

Rose_SommerhitzeNach „Shades of Grey“ ist es nun möglich, offen über die diversen sexuellen Spielarten zu sprechen. Hat sich Deiner Meinung nach etwas im erotischen Roman getan, seit die Trilogie auf dem Markt ist?

Mein Verhältnis zu diesem Buch ist wirklich gespalten. Ich gebe zu: Ich habe es NICHT gelesen. Ich habe eine Leseprobe gelesen und die hat mich ehrlich gesagt nicht zum Kauf gereizt. Ich kann über das Buch also selber nur wenig sagen, außer dass es schade ist, dass man über das Genre Erotik nicht mehr reden kann ohne über Shades of Grey zu reden. Andererseits – und jetzt kommt die Spaltung (zwinkert) – ist es für mein Empfinden schon so, dass durch den Erfolg dieses Buches, ob nun gerechtfertigt oder nicht, das Genre Erotik etwas von seinem Schmuddelimage verloren hat. Erotik ist salonfähig geworden. Plötzlich reden alle darüber und kaufen und lesen Erotikromane. Ich persönlich habe nie verstanden, warum Erotik etwas „Schmuddeliges“ sein soll – schließlich ist jeder Mensch ein sexuelles Wesen, sehnt sich nach Liebe und Sex und wieso soll es deshalb also etwas Schmutziges sein darüber zu schreiben oder es zu lesen? Es ist doch etwas sehr Natürliches. Viel natürlicher als einen Mord zu begehen – aber bei Krimis stellt sich niemand diese Frage. Komisch, oder?

Welche Romane liest Du gerne, abgesehen von historischen „Schinken“? 😉

Ich lese eigentlich ziemlich viel quer durch die Bank. Historische Romane faszinieren mich wie gesagt wegen der Zeit, in der sie spielen. Aber natürlich lese ich auch Krimis – zum Beispiel aus dem Graphit Verlag – oder Komödien. Eine meiner Lieblingskomödien ist von Erik Tarloff und heißt: „Der Mann, der das schmutzige Buch schrieb“. Es wundert mich kein bisschen, dass dieser Autor Ghostwriter für Bill Clinton war (lacht). Entschuldigung, ist nicht ganz ernst gemeint. Die südamerikanischen Autoren finde ich übrigens auch sehr faszinierend mit ihrem magischen Realismus. Das ist eine tolle Art, die Welt zu begreifen und zu sehen, ein Alltag voller kleiner und großer magischer Momente. Etwas, das uns Europäern leider abhandengekommen ist. Ach ja, und Erotik lese ich auch noch ab und zu (zwinkert).

Durch die Booklover Conference und andere Treffen kommen immer wieder deutsche Autoren zusammen. Hast Du seither auch Kontakt zu anderen Schriftstellern?

Ja. Sehr viel sogar. Allerdings bleibt der Kontakt eher auf der Smalltalk-Ebene. Es ist halt sehr schwierig, auf solchen Treffen Autoren wirklich kennenzulernen. Es bleibt meistens bei einem kurzen Eindruck und später versucht man den Kontakt per Facebook oder Mail aufrecht zu erhalten. Sich wirklich auszutauschen ist in dieser Form aber schwierig. Ich habe schon oft erlebt, dass ich etwas geschrieben habe, das dann falsch aufgefasst wurde, und es mich viel Mühe gekostet hat, das Missverständnis wieder auszubügeln. Was ich aber genieße, ist zu sehen, was die anderen „Kollegen“ so treiben und ich gestehe, ich fiebere teilweise sogar ein wenig mit, wenn es heißt: jetzt ist es bald so weit und mein neues buch kommt heraus. Und ich freue mich über jeden Erfolg meiner Autorenkolleginnen – über meinen eigenen natürlich auch 😉

Rose_PassionsfruechtchenWas hast Du als neues Projekt, auf das sich Deine Fans freuen können?

Im Oktober oder November so hoffe ich, wird die Fortsetzung der Passionsfrüchtchen herauskommen. Den Titel verrate ich noch nicht, denn er ist noch nicht mit dem Verlag abgestimmt. Nur so viel: Es wird ein Wiedersehen mit Figuren aus den Passionsfrüchtchen geben – aber auch neue Figuren kommen hinzu. Die wichtigste Nebenfigur aus den Passionsfrüchtchen wird in dem neuen Roman zur Hauptfigur – zusammen mit einer männlichen Figur, die in den Passionsfrüchtchen nur ein ganz kleines Gastspiel hatte:

Sandra, die weibliche Protagonistin, ist im Grunde gerne Single. Männer sind für sie zum Vernaschen da – eine Beziehung will sie nicht, ihre Mutter ist ein abschreckendes Beispiel für sie. Trotzdem geht ihr ein Mann nicht aus dem Kopf: Jens. Sie hat ihn (in den Passionsfrüchtchen) durch einen Zufall am Telefon kennengelernt. Die Nacht mit ihm war etwas Besonderes und in ihrer Phantasie träumt sie davon, dass er sie verführt. Jens kann Sandra seinerseits auch nicht vergessen. Er ist seit 5 Jahren Single, weil er seine damalige Freundin aufgrund einer – in seinen Augen überflüssigen – Schönheitsoperation verloren hat. Er ist vom Charakter her Sandra sehr ähnlich, denn auch er will keine feste Beziehung mehr, weil er sein Herz nicht noch einmal riskieren will. Natürlich treffen die beiden sich wieder und können die Finger nicht voneinander lassen. Was dabei genau alles passiert, verrate ich noch nicht. Wer allerdings neugierig ist, kann sich jetzt schon eine Leseprobe auf meiner Homepage ansehen.

Aber ein neues Projekt gibt es auch schon, sogar zwei: Zunächst will ich die Kurzgeschichte „Sommerhitze“ fortführen – und dann einen weiteren Roman schreiben. Die Hauptfigur ist sehr jung, Anfang 20 und wird im Paris der 80er Jahre die Sinnlichkeit entdecken. Damit wären wir dann fast schon wieder bei Rodin – nur dass meine Heldin die Sinnlichkeit nicht beim Anblick des Kusses erleben wird, sondern bei einem Spaziergang. Aber wer weiß, wenn es mir gefällt, baue ich den Kuss vielleicht noch mit ein…

Möchtest Du Deinen Lesern noch etwas mitteilen?

Aber sicher will ich das: Kauft meine Bücher – und sagt mir, was ihr davon haltet. Nein, Spaß beiseite. Natürlich freue ich mich über jedes verkaufte Exemplar. Aber ich freue mich insbesondere über jedes Feedback. Sicher haben das schon etliche Autoren vor mir gesagt, aber ich kann mich nur anschließen: Es gibt nichts Schöneres für einen Autor, als wenn er von seinen Lesern etwas über sein Buch erfährt und darüber, ob es dem Leser gefallen hat.

Nur weil ein Buch verkauft wird, heißt es noch lange nicht, dass es dem Leser gefallen hat. Eventuell fand er den Klappentext vielversprechend, aber hat das Buch nach 20 Seiten enttäuscht in die Ecke gepfeffert. (Ist mir selber schon so ergangen – und sogar bei gestandenen Autoren von Weltformat.) Dabei ist negative Kritik genauso wichtig wie positive. Positive Kritik ist ungeheuer motivierend, ein echter Adrenalinschub fürs Schreiben. Und durch negative Kritik kann ich als Autor etwas dazu lernen. Man ist ja oft blind für die eigenen Fehler und Unzulänglichkeiten. Und was man selbst als spannend und ungeheuer wichtig erachtet, kann einen Leser unter Umständen tödlich langweilen. Diese Dinge werde ich aber nur erfahren, wenn der Leser sich die Mühe macht, mir etwas mitzuteilen. Von diesem Feedback profitieren also im Grunde beide: Der Autor, weil er sich so verbessern kann und der Leser, weil er so bessere und spannendere Literatur erhält.

Vielen Dank für das Interview! 🙂

Liebe Julia, vielen Dank für das Interview, es hat mir sehr viel Spaß gemacht.