Kompakt

In „Zu viel Tod“ ist Berlin das Mekka für abgerissene Gestalten, die a) nicht mit ihrem Leben zurechtkommen und b) bei der Polizei arbeiten. Klingt komisch? Ist es irgendwie auch … Aber trotz ihrer kleinen – und großen – Problemchen überzeugen die Protagonisten in diesem leichenreichen Krimi durch ihre fast schon liebenswerten Macken.

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 Joost Renders – Zuviel Tod
Autor Joost Renders
Verlag Digital Publishers
Erschienen Januar 2015
ISBN 978-3-945-29806-0

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Inhalt

Britta Hönig arbeitet bei der Berliner Mordkommission, ihr Lebenswandel gleicht jedoch keinesfalls dem einer Polizistin. Sie raucht, säuft und hüpft von einem hübschen Mann zum nächsten – peinliche Hoppalas inklusive. Damit hat das Kommissariat eigentlich keine Probleme, bis der Neue auftaucht. Robert Pieczpooth, hochkarätiger Ermittler aus London, soll ein bisschen Schwung in die Berliner Bruchbude bringen. Doch mit der Russenmafia, einem bedrohten Heimatdichter und tödlichem Vanillepudding im Altenheim häufen sich die Vorfälle, die immer brutaler werden und scheinbar willkürlich geschehen. Was es mit ihnen auf sich hat, obliegt der Polizei herauszufinden. Wenn diese in Form von Britta nicht eher damit beschäftigt wäre, die Zeugnisse ihrer letzten Eskapade verschwinden zu lassen …

Stil und Charaktere

Der Werbetext verspricht, dass es in diesem E-Book um die „wirklich Irren, die Leute, die am Ende durchdrehen, überreagieren oder die Regeln menschlichen Zusammenlebens einfach nur falsch verstanden haben…“ geht. Eine solche Definition ist allerdings Auslegungssache. Irr sind in „Zu viel Tod“ nämlich alle – egal ob gut oder böse. Schwarz-Weiß-Kategorien treffen auf keinen zu.

Auf den ersten Seiten wirken die Charaktere allesamt nicht sehr sympathisch. Aber so schlimm, wie es der Werbetext einem verkaufen will, ist es mitnichten. Gut Ding braucht Weile und so dauert es eben, bis sich der eigene Erzählstil des Autors einprägt und gefällt. Joost Renders beschönt nicht. Der Schauspieler und Regisseur nimmt in seinem Debütroman kein Blatt vor den Mund. Für zartbesaitete Leser mag „Zu viel Tod“ daher auch zu viel sein: zu derb, zu leichenreich und zu schnoddrig.

Die personale Erzählweise konzentriert sich auf Britta und Pieczpooth, die beide keine strahlenden Helden sind. Britta ist eine alternde Schönheit, deren Rock’n’Roll-Lebensstil nicht so recht zu ihrer Berufswahl passt. Ihre Anziehungskraft auf die männliche (der Vollständigkeit halber: auch teilweise der weiblichen) Spezies mutet im Verlauf der Lektüre beinahe magisch an und ist wahrscheinlich Geschmackssache. Pieczpooth hingegen hat nicht nur mit der Aussprache und gelegentlichen Verhunzung seines Nachnamens („Pisspott“) zu kämpfen, sondern auch damit, als Einziger die Puzzlestückchen richtig zuordnen zu können. Hinter dem Polizisten steckt nämlich noch etwas mehr – aber das war es auch mit dem Spoiler …

Bis zum Schluss hält es Joost Redners spannend, denn erst dann wird das gesamte Ausmaß der kriminellen Taten bekannt. Gegen Ende konzentriert sich der Autor auf ein dramatisches Finale, das keinen losen Faden zurücklässt. Während die Todesfälle im Verlauf der Handlung immer weiter auseinander driften, ergeben sie am Ende jedoch Sinn. Einzige Einschränkung: Wenn man die ganzen Personen dann noch richtig zuordnen kann, die im Lauf der Geschichte auftauchen.

„Zu viel Tod“ macht Spaß zu lesen, wenn man skurrile Protagonisten und eine obskure Geschichte schätzt. Wer jetzt noch unsicher ist, ob das Buch den eigenen Geschmack trifft, kann sich anhand der – wirklich umfangreichen – Leseprobe selbst ein Bild machen.

Aufmachung

Das E-Book ziert ein Thriller-eskes Cover, das ein wenig zu viel des Guten ist. Auch wenn es an Leichen (und Blut) nicht mangelt, so erweckt das Titelbild den Eindruck eines Mainstream-Titels – und das ist „Zu viel Tod“ nun gar nicht.

Die Handlung ist in 22 Kapitel unterteilt, denen ein Prolog vorangestellt ist. Dieser widmet das Buch den Berlinern und ihren Schrullen. Schade allerdings, dass die unterhaltsamen Kapitelnamen nur im Inhaltsverzeichnis genannt werden.

Ähnliche Titel

„Wo der Hund begraben liegt“ (Beate Vera – Krimi); „Vor deinem Grab“ (Alexander Hartung – Thriller); „Krimineller Reiseführer Berlin“ (Petra Tessendorf – Krimi/Sachbuch)

Herzlichen Dank an Digital Publishers für das Rezensionsexemplar.