Kompakt

Camgirl, Männerphantasie und Triebtäterin – wenn Deanna Madden eines ist, dann gefährlich: A. R. Torre öffnet in ihrem packenden Thriller nicht nur erotische Abgründe …

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Torre – Kill Girl Originaltitel The Girl in 6E
Autor A. R. Torre
Übersetzung Veronika Dünninger
Verlag Blanvalet
Erschienen März 2015
ISBN 978-3-442-38417-4
Seitenzahl 400 Seiten

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Inhalt

Die junge Deanna Madden verdient ihren Lebensunterhalt vor der Kamera – als Camgirl. Für 6,99 Dollar pro Minute tut sie (fast) alles, was ihre Kunden verlangen. Seit drei Jahren hat sie ihr Appartement mit der Nummer 6E nicht mehr verlassen, Online-Shopping sei Dank. Deanna leidet an Anthropophobie gepaart mit Daknomanie: sie hat nicht nur Angst vor Menschen, sondern sie verspürt auch den unbändigen Wunsch, diese zu töten. Um das im Griff zu wissen, hat sie sich selbst vor der Außenwelt und ihren Versuchungen in Sicherheit gebracht. Solange bis RalphMA35 auftaucht, dessen krankhafte Neigung eine reale Bedrohung darstellen könnte …

Stil und Charaktere

Wer anhand der auf dem Cover genannten Genre-Zuordnung „Erotic Thriller“ jede Menge anregende Phantastereien erwartet, wird enttäuscht. Natürlich ist A. R. Torres Buch kein Kind der sexuellen Traurigkeit, doch das Beschriebene resultiert vorrangig aus Deannas beruflicher Tätigkeit. Als Camgirl verkörpert sie das, was der Kunde von ihr erwartet, inklusive echt wirkendem Verlangen. Dieses ist aber genauso gut choreographiert wie der Rest ihrer Erscheinung. Erotik bedeutet in „Kill Girl“ also vorrangig einen sexuellen Akt vor der Kamera, der mit dem Kunden als Regisseur vollzogen wird.

Wenn man Erotik als die sinnliche Anziehung zwischen zweien (oder mehreren) Menschen versteht, so ist dieser Sachverhalt hier so gut wie nicht gegeben. An der Qualität des Thrillers ändert dies jedoch nichts. Und der packt den Leser von Anfang an. Die Perspektive wechselt zwischen Deanna, die in der Ich-Form spricht, und mehreren personalen Erzählern. Letztere sind – mit Ausnahme des Täters – jeweils mit Namen versehen. Die Protagonistin wendet sich stellenweise direkt an den Leser und spricht diesen mit „Sie“ an. Besonders gelungen ist der Einbau einiger Chat-Passagen, die sich durch die serifenlose Schrift von dem restlichen Text abheben. Manchen Kapiteln sind auch Wörterbuch-artige Erklärungen, u. a. „Ageplay“ oder „Psychose“, vorangestellt, die im weiteren Verlauf aufgegriffen werden, wenn Deanna etwas über sich oder ihre Kunden erzählt.

Dass Deanna eigentlich noch ein junges, unerfahrenes Mädchen ist, wird an einigen Stellen spürbar. So z. B. wenn sie darüber nachdenkt, was eine Jungfrau eigentlich ausmacht und was es bedeutet, seine Unschuld zu verlieren. Sie, die noch nie realen Geschlechtsverkehr hatte, interagierte zwar mit diversen Gerätschaften, aber zählt das als echte Entjungferung? Außerdem ist eine Jungfrau auch auf geistiger Ebene ein zartes, unverdorbenes Geschöpf – was auf Deanna keineswegs zutrifft. Trotz ihrer Selbstzweifel und Traumata lässt A. R. Torre (übrigens das Pseudonym von Alessandra Torre) ihre Protagonistin sehr sympathisch und rational wirken. Die gesellschaftlichen Vorstellungen dessen, was Unschuld ausmachen, nutzt Deanna zu einer perfekten Imitation, die im gleißenden Kameralicht einen Mädchentraum aus Rosa inszeniert.

Von der Thriller-Machart und dem Spannungsaufbau erinnert „Kill Girl“ an Cody McFadyen, dessen starke und gleichzeitig verletzliche Heldin Smoky Barrett einen ähnlich taffen Typ verkörpert. Der Showdown – und der Weg dorthin – macht Spaß zu lesen, da sich die Protagonistin sehr stark weiterentwickelt und unerwartete Wendungen auftauchen. Wer sich vor ‚harter Kost‘ nicht scheut, sollte definitiv zugreifen!

Aufmachung

Das Taschenbuch beginnt mit einem kurzen Auszug, der – wie man erst im Nachhinein merkt – aus dem letzten Handlungsdrittel stammt. Der Inhalt besitzt drei Teile, die die klingenden Namen „Warten“, „Schnapp“, „Los“ tragen. Die Geschichte erstreckt sich über insgesamt 83 Kapitel, die mit Anmerkungen der Autorin, Fußnoten und einer Danksagung beendet werden. Das gelungene Cover orientiert sich an der Thriller-Ästhetik ohne reißerisch zu wirken.

Ähnliche Titel

„Die Therapie“ (Sebastian Fitze – Thriller); „Die Seelen der Toten“ (Ian Rankin – Thriller); Thriller von Cody McFadyen

Herzlichen Dank an Blanvalet für das Rezensionsexemplar.

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