Kompakt

Nach dieser Lektüre werden Sie Hotels mit anderen Augen sehen – und hüten Sie sich vor Angestellten, die Sie mit einer schwarzen Keycard ködern wollen. Sie ahnen ja nicht, wohin das führen kann …

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Will Wiles – Kein Leben ohne Minibar Originaltitel The Way Inn
Autor Will Wiles
Übersetzung Sabine Lohmann
Verlag Carl’s Books
Erschienen März 2015
ISBN 978-3-570-58548-1
Seitenanzahl 320 Seiten

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Inhalt

Neil Double verbringt sein Leben damit, möglichst unauffällig zu sein. Als Messestellvertreter ermöglicht er Firmen oder Privatpersonen, sich den langweiligen Besuch samt den hohen Kosten zu ersparen und dennoch alle wichtigen Informationen zu erhalten. Gerade logiert er in einer frisch gebauten Way-Inn-Niederlassung, die sich in unmittelbarer Nähe zum Meta Centre, dem Messezentrum, befindet. Doch dem Chef der Messe ist Neils Berufung ein Dorn im Auge, weswegen er seine Identität öffentlich auffliegen lässt – und dann ist da noch die seltsame, rothaarige Frau, die von den Bildern im Hotel fasziniert ist …

Stil und Charaktere

Zuallererst: Lassen Sie sich nicht von dem Klappentext in die Irre führen. Was zunächst wie ein heiterer Unterhaltungsroman klingt, entpuppt sich rasch als surreale Erzählung, die zwar nicht durch Lacher, aber zahlreiche Pointen punktet. Das passende Genre lautet nämlich Schauer-, nicht Unterhaltungsliteratur.

Natürlich hat die Erzählung auch ihre komischen Momente, diese resultieren meist aus dem unbeholfenen Agieren Neils oder der Situationskomik angesichts seiner – manchmal auch unfreiwilligen – Tollpatschigkeit und Naivität. Die anfängliche Professionalität und Liebe zu Hotels führen mit der beruflichen Demaskierung auch zu einer persönlichen Degeneration. Seit der Unauffällige nicht mehr unsichtbar ist, geschehen ihm lauter seltsame Dinge.

Das Hotel wird dabei selbst zum Protagonisten, der verdeckt kommuniziert. Die düstere Stimmung und das Gefühl der Beklemmung nehmen mit jeder weiteren Verwicklung zu. Unheimliche Häuser gibt es in Filmen oft, man denke nur an Bates‘ Motel oder das Hill House, das in diversen Verfilmungen unterschiedliche Gestalten annahm. Die Motivation seines Handeln gibt Wiles‘ Hotel jedoch nicht preis.

In einem Interview mit dem Verlag, carl’s books, geht der Autor auf das Verhältnis von Individualität und Gleichheit ein. Das Hotel ist ein inszenierter Raum, der zu ebenso inszenierten Persönlichkeiten aufruft. Hier hat jeder die Möglichkeit, Gast zu sein, ein neues Ich zu kreieren – das ist jedoch nicht ganz ungefährlich: „Neil Double, mein Protagonist, ist ein Individuum, der an Individualität glaubt, der vermutlich auf die gleiche Weise ein Bild von sich selbst hat wie Caspar David Friedrichs Wanderer über dem Nebelmeer. Die Anonymität der Hotelwelt erlaubt es ihm, sich so zu verhalten wie er will, und er muss sich nicht gut verhalten. Es gibt zu viele Midlife-Crisis Geschichten über Figuren, die sich selbst finden wollen. Vielleicht sollten wir stattdessen Geschichten über Figuren schreiben, die andere Menschen finden wollen.“

Neil ist eine schwer fassbare Figur: Einerseits erweckt er durch seine Missgeschicke beim Leser Mitleid, andererseits entsteht durch seine unbeteiligte Art wenig Sympathie. Erst gegen Ende entwickelt er mehr Gewissen. Dabei ergeht es den anderen Figuren aber auch nicht anders – diese entziehen sich ebenso einer Charakterisierung- Zwischendrin gibt einige faustisch-diabolische Assoziationen, die sich vor allem an Hilbert, dem Antagonisten, dem stets 3:33 Uhr anzeigenden Wecker und der nackten, rothaarigen Dee im Hotelgarten zeigen.

Interessant ist, dass das deutsche Buch im Gegensatz zum Original einen anderen Titel samt Coverbild gewählt hat. Während bei den englischsprachigen Veröffentlichungen eine Hoteltür mit der Nummer 219 (Neil Doubles Raum) oder ein leerer Hotelgang zu sehen sind, arbeitet die deutsche Version mit einem eher abstrakten Bild einer Stadt und deren Untergrund.

Aufmachung

Das Taschenbuch besitzt eine Klappbroschur, die vorne eine kurze Inhaltsangabe und hinten eine Autorenvita liefert. Die Innenseite sind in farbigen Mustern gehalten, die zum Hotelthema passen. Auf der Rückseite befindet sich wie üblich ein Klappentext.

Der Inhalt ist in drei Teile geteilt: „Die Messe“, „Das Hotel“ und „Das innere Hotel“. Vorangestellt ist ein Zitat von Borges, den Abschluss bildet eine Danksagung.

Ähnliche Titel

„Die nachhaltige Pflege von Holzböden“ (Will Wiles – Roman)

Herzlichen Dank an Carl’s Books für das Rezensionsexemplar.

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