Wolfgang Schüler ist Reporter und Autor, der zwei Abenteuer für Sherlock Holmes geschrieben hat, in denen der Meisterdetektiv nach Deutschland reist. (Foto: Copyright Wolfgang Schüler)
Danke, dass Sie sich die Zeit für das Interview genommen haben.
Wie sind Sie auf die Idee gekommen, Romane zu schreiben? War das schon immer ein Faible von Ihnen?
Ich gehöre zu den glücklichen Menschen, die schon seit ihrer Kindheit ein festes Ziel vor den Augen hatten. Mein Berufswunsch stand nämlich bereits zur Oberschulzeit fest: Ich wollte Schriftsteller werden. Allerdings hatte ich nicht die geringste Ahnung, wie ich das anstellen konnte.
Ich habe dann mit dem Schreiben von Kurzgeschichten begonnen, die mit Beginn der 1980er Jahre zuerst in Zeitschriften veröffentlicht wurden. Das war eine harte Schule, weil ich mich an konkrete Zeilenvorgaben halten musste. Erst nachdem ich das Handwerk gründlich erlernt hatte, habe ich mich an einen Roman gewagt. Das war rund 15 Jahre nach meiner ersten Veröffentlichung.
Wie gehen Sie bei der Recherche vor, die ja vor allem bei Sherlock Holmes-Büchern sehr ausgeprägt sein muss?
Die aufwändigste Recherchetätigkeit musste ich für meine Edgar-Wallace-Biografie betreiben: Zehn Jahre lang habe ich nur Material gesammelt. Aber seitdem kann ich Ordnung halten und mich in längst vergangenen Zeiten zurechtfinden.
Bei meinen Sherlock-Holmes-Romanen, die zwischen 1910 und 1913 spielen, verwende ich Bildbände mit Fotos aus jener Zeit, alte Stadtpläne, Zeitungen, Versandhauskataloge und Adressbücher. Wenn ich mich eine Weile damit beschäftigt habe, kann ich mich in meiner Phantasie in den Städten völlig frei bewegen, so als ob ich dort zu Kaisers Zeiten gewohnt hätte.
Wie kamen Sie ursprünglich zu den Sherlock Holmes-Geschichten?
Edgar Wallace und Arthur Conan Doyle gehörten in meiner Jugendzeit zu meinen absoluten Lieblingsautoren. Ich habe alles gesammelt, was ich von ihnen oder über sie bekommen konnte. Dabei ist es bis zum heutigen Tag geblieben. Beispielsweise war ich in diesem Jahr vom 24. bis 26. August in Hillesheim beim Sherlock-Holmes-Festival SherloCON. Von dort bin ich mit einer Tasche voller Bücher zurückgekehrt, die ich nun alle dringend lesen muss.
Was finden Sie so faszinierend an dem Meisterdetektiv, dass Sie bereits den zweiten Roman über ihn geschrieben haben?
Sherlock Holmes ist der bekannteste Detektiv der Weltliteratur. Seinen Namen kennen tatsächlich alle Leute, auch wenn viele noch kein einziges Buch über ihn gelesen haben. Obwohl er nur eine von Arthur Conan Doyle erdachte literarische Figur war, wurde durch seine deduktive Methode die Arbeit der Kriminalpolizei auf der ganzen Welt revolutioniert. Die Gedankenkette „Sehen heißt beobachten, beobachten heißt analysieren“ kann im Alltag mitunter sehr nützlich sein.
Wie behalten Sie bei den Erlebnissen Ihres Helden den Überblick? Legen Sie Dateien oder Ordner an?
Es gibt organisierte und unorganisierte Autoren. Ein organisierter Schriftsteller hat den gesamten Roman im Kopf, bevor er loslegt. Seine unorganisierten Kollegen lassen sich treiben. 70 % der Männer sind organisiert, bei den Frauen ist es umgekehrt. Ich gehöre zu den 30 %. Mir geht es wie Edgar Wallace. Nachdem er den vorletzten Teil einer längeren Fortsetzungsgeschichte abgeliefert hatte, wurde er von seinem Verleger gefragt: „Ich habe alles aufmerksam gelesen. Aber ich bin wie vernagelt und komme nicht darauf, wer der Täter sein könnte. Verraten Sie mir doch bitte, wer der Mörder ist.“ Darauf antwortete Edgar Wallace: „Woher soll ich das denn wissen?“
Sind Sie ein großer Sherlock Holmes-Fan oder lesen/sehen/hören Sie auch noch andere Kriminalfälle?
Ich lese sehr viele Kriminalromane. Meine Bibliothek platzt bald aus ihren Nähten. Außerdem besitze ich ein großes Filmarchiv.
Sie haben einen abwechslungsreichen Lebenslauf hinter sich – Rechtsanwalt, Gerichtsreporter, ehrenamtlicher Bürgermeister. Wie viel davon fließt in Ihre Bücher ein und hilft es bei Ihrem Schreiben?
Ich habe inzwischen acht Bände mit Gerichtsberichten veröffentlicht. Da waren der Anwalt und der Gerichtsreporter gefragt gewesen. Ansonsten ist Lebenserfahrung sehr nützlich. Speziell in meiner zehnjährigen Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister habe ich sehr viel über die unterschiedlichsten Charaktere der Menschen erfahren können.
Was ist Ihr Lieblingsbuch, das Sie immer wieder gerne empfehlen?
Meine beiden Lieblingsbücher sind „Malevil“ von Robert Merle und „Shutter Island“ von Philip Kerr.
Welches Projekt steht bei Ihnen als nächstes an? Worauf dürfen sich Ihre Fans freuen?
Zur Zeit arbeite ich an dem Krimi „Sherlock Holmes in Dresden“.
Haben Sie noch Hobbies neben dem Schreiben oder nimmt es Ihre gesamte Zeit in Anspruch?
Ich lese sehr viel, ich gehe oft ins Kino, ich treibe fast täglich Sport und ich gehe gern auf Reisen. Außerdem bin ich Mitglied in einem Skat-, einem Bowling- und einem Kulturverein.
Vielen Dank!