Ullrich Ramps, der Erfinder von Papyrus, einem Schreibprogramm für Autoren und alle, die schreiben, hat sich zu einem Interview bereiterklärt. (Foto: Copyright Ullrich Ramps)
Vielen Dank für das informative Gespräch auf der Leipziger Buchmesse und dass Sie sich die Zeit für das Interview nehmen.
Bereits seit zwanzig Jahren gibt es das Schreibprogramm Papyrus, das inzwischen vor allem in Verlagskreisen zur Berühmtheit geworden ist. Wie kamen Sie ursprünglich auf die Idee, das Programm Papyrus zu nennen und wie sind Sie zu dem Projekt gekommen?
Der Name »Papyrus« ist uns lange nach Beginn des Projekts 1989 eingefallen, als uns klar wurde, dass wir einen guten, griffigen Namen brauchen.
Nach ein paar Stunden Brainstorming fiel dann der Begriff, und alle waren sofort begeistert. Ist ja auch ein schöner Name. 🙂
Das Projekt ist hat mehrere Entstehungsgeschichten, in Sprüngen. 😉
Papyrus begann, als ich meinen guten Freund und heutigen Mitbesitzer von R.O.M. 1988 fragte, ob er Lust hätte, an einem Auftrag vom Waldkrankenhaus Spandau für ein Etikettendrucksystem mitzuarbeiten. Er hatte. Übrigens kann Papyrus auch heute noch prima Etiketten in Perfektion bedrucken; das Waldkrankenhaus tut dies auch heute noch und hat bestimmt bereits 7-stellige Stückzahlen erzeugt. 😉
Es war aber klar, dass so eine Entwicklung für nur einen Kunden zu teuer ist, wir mussten also »mehr« daraus machen – »Papyrus«, eben. Das brachten wir dann 1992 als Textverarbeitung heraus. Später wurde daraus Papyrus Office, und der wichtigste Kontakt für uns war der zum Bestseller-Autor Andreas Eschbach in 2006, der eben darin münzte, dass wir uns auf die Schriftstellerei spezialisiert haben. Das Endergebnis ist eben Papyrus Autor.
Mittlerweile arbeiten Sie mit mehreren Autoren zusammen. Wie gestaltet sich der Kontakt mit ihnen?
Vielfältig. Man trifft sich auf Autoren-Conventions wie bspw. der Criminale, oder auch hier in Leipzig. Oder auch in der Bundesakademie Wolfenbüttel. Natürlich korrespondieren wir gerade mit unseren Haupt-Ideengebern enorm viel per E-Mail.
Andreas (Eschbach) war auch mal für eine längere Brainstorming-Session den weiten Weg von der Bretagne, wo er wohnt, zu uns gemacht und war ein paar Tage bei mir zu Hause in Berlin und hat mit Christian Nieber und mir die Köpfe rauchen lassen.
Dann gibt es natürlich auf unserer Web-Site »papyrus.de« unser Forum, in dem wir uns intensiv gemeinsam mit unseren Anwendern Gedanken um die Weiterentwicklung machen.
Besonders beeindruckend ist, dass sogar die komplette Bibel mühelos auf Papyrus läuft und bearbeitet werden kann. Wie kam es dazu, dass dieses Werk für Papyrus interessant wurde?
Der Brockhaus-Verlag in Paderborn hatte kein Programm, mit dem er eine bestimmte Bibel-Variante bei denen im Hause vernünftig setzen konnte. Also bin ich mit einer bewusst »alten Möhre« von Laptop – ein 200 MHz Rechner mit 512 MB RAM – zu denen nach Paderborn gefahren und habe vorgeführt, wie schnell Papyrus die Bibel im RTF-Format einlesen konnte (damals zwei Minuten, auf meinem Rechner heute drei Sekunden. 😉
Daraufhin haben wir die Bibel zu einem beliebten Demo-Dokument gemacht – kennt schließlich jeder und hat eine Vorstellung, wie riesig dies Dokument ist.
Eine befreundete Autorin schwärmte sogar davon, dass sie ihr Programm stets auf einem USB-Stick bei sich trägt und so überall damit arbeiten kann. Welche weiteren Vorteile gibt es, die Papyrus für Autoren und andere Texte verfassenden Menschen bietet?
Uff – wie lang soll das Interview werden …? 😉
Es gibt jede Menge solcher »Nettigkeiten« in Papyrus, die immer wieder gern von anderen abgekupfert werden, wenn auch oft nicht vollständig.
Angefangen mit »der« Rechtschreibkorrektur, wie man sie heute kennt – das war eine Erfindung von uns für Papyrus, aus dem Jahre 1993! Vorher gingen für Fehler Dialogboxen auf – grauenvoll. Die Idee mit der sanften Unterkringelung von Fehlern kommt tatsächlich von uns. Wenn wir damals gewusst hätten, dass MS Word und alle anderen die Idee kopieren, wäre wohl eine Patentierung recht schlau gewesen … Immerhin können wir stolz darauf sein und bleiben, dass die Idee von uns ist.
Das beliebige Markieren bzw. Selektieren unzusammenhängender Textblöcke hatten auch wir zuerst, und so komfortabel wie in Papyrus ist es auch nirgendwo sonst.
Die Schlankheit und Stabilität von Papyrus ist ebenfalls einmalig – ein kleines Team kann eben weit effizienter arbeiten, als wenn sich Teams von 100 Entwicklern niemals alle sehen und auf gemeinsame Funktionen einigen müssen, da sind »Wasserköpfe« natürlich sicher. Derlei kommt bei uns nicht vor, wir passen alle noch in einen größeren Raum und sitzen einmal die Woche zusammen.
Gute Benutzerkonzepte, die sich nicht alle zwei, drei Jahre komplett umändern, sind uns ebenfalls extrem wichtig. Das einmalige Papyrus-eigene Klemmbrett, der Navigator mit seiner Recherche-Funktionalität, … da könnte ich noch lange weiterreden!
Natürlich waren und sind dann da die einmaligen Autoren-Ideen, die völlig neu in die Welt der Textverarbeitungen kamen. Was Andreas Eschbach und unsere anderen »Mitarbeiter«-Anwender uns an Anregungen geben, ist schon toll gewesen und spornt uns an, weiter in diese Richtung zu denken.
Als nächstes planen wir, das Storyboard-/Timeline-/Mindmap-Konzept ein wenig zu revolutionieren – mal sehen. Wen das interessiert, der kann im Forum mitdenken und mitentwickeln!
Durch Ihre Arbeit kommen Sie ständig in Kontakt mit Autoren. Welche davon haben Sie am meisten beeindruckt und weshalb?
Na ja – Andreas Eschbach, natürlich. Ich hatte zu Anfang echt große Scheu, »normal« mit ihm umzugehen, war und bin ich doch einer der größten Fans seiner Bücher, schon von Anbeginn an. Aber die geistige Verwandtschaft war und ist halt riesig – dass Andreas mal Software-Entwickler war, merkt man halt auch an seinen immer wieder fantastisch ausgereiften Vorschlägen, die bis heute reichlich kommen.
Andere Autoren, die ich kennenlernen durfte, gibt es aber auch reichlich – so sprudelt z.B. der Historien-, Krimi- und Drehbuch-Autor Derek Meister nur so vor Ideen.
Viele Autoren sind auch gern gesehene Betatester von uns und »treffen« sich mit uns in unserem geschlossenen Beta-Forum, wo noch viel »heißer« diskutiert wird, wie es mit Papyrus Autor weitergeht.
Gisbert Haefs, den ich in Wolfenbüttel getroffen habe, genauso wie Ralf Isau, Thomas Mielke, Susanne Kliem, Astrid Jabusch, und unzählige andere, die ich bei meinen Vorträgen bei den »Mörderischen Schwestern« und auf der »Criminale« kennenlernen durfte, sind häufig sehr unterschiedliche und höchst interessante Persönlichkeiten.
Gemeinsam ist allen, dass sie tolle Ideen haben – schriftstellerisch wie auch als Ideengeber für Papyrus!
Was waren die letzten guten Bücher, Hörbücher oder Comics, die Sie empfehlen können und in Ihrer Freizeit gelesen/gehört haben?
Huh … Comics, aus dem Alter bin ich eigentlich raus, und Bücher lese ich, anstatt sie zu hören.
Eschbachs Trilogie fand endlich sein spannendes Ende, Derek Meisters Rungholt-Bücher, dann auch englische Autoren wie Joe Abercrombie, die »Old Man’s War« Reihe von John Scalzi auf Englisch, Discworld von Terry Pratchett. Sergej Lukianenko – die aber in Deutsch, Russisch kann ich nicht. 😉
Krimis von Nele Neuhaus, Stieg Larsson, Tess Gerritsen »natürlich«, muss man da wohl schon sagen …
Ich bin ein richtiger Bücherwurm, ein Leben ohne zu lesen ist für mich unvorstellbar. Eigentlich sollte ich die Firma meinen Söhnen überlassen und nur lesen, was das angeht!
Aber dafür macht mir die Papyrus-Entwicklung einfach noch zu viel Spaß.
Nutzen Sie auch einen eReader, um Ihren Lesestoff abzuarbeiten, oder bevorzugen Sie die Papierversion?
Ein gutes Buch ist einfach in seiner gedruckten Form total sexy. Der Geruch, das Cover …
Und dennoch, ja, ich lese meist auf meinem Sony T1 – der wiegt einfach viel weniger. Besonders im Urlaub. Ich denke, die Dinger sind die Zukunft. Leider …? Vielleicht … Aber unumgänglich.
Möchten Sie den Lesern noch etwas mitteilen?
Ich bin wirklich froh und dankbar, dass wir die »Ecke« der Schriftstellerei für uns gefunden haben, und das gilt wohl auch für das gesamte Papyrus-Team!
Es macht viel mehr Spaß, sich nicht mehr im weitaus anonymeren Office-Markt zu bewegen – der Kontakt mit unseren »neuen« Anwendern ist einfach viel intensiver und vor allem viel netter, und hier können wir unsere kreativen Ideen auch wirklich im Kontakt entwickeln und ihnen freien Lauf lassen – das macht einfach nur Freude!
Vielen Dank für das Interview.
Gern, ich danke für das Interesse!