Mike Resnick ist Autor von zu vielen Büchern, um sie alle aufzuzählen. Um einen Überblick über seine Romane zu erhalten, hilft ein Blick auf seine Homepage. Hier in Deutschland haben wir das Vergnügen, seit kurzem die Abenteuer von Mallory zu erleben, einem seiner Helden, die bei Bastei Lübbe veröffentlicht werden. (Foto: Copyright Hugette)

Danke, dass Sie sich die Zeit für dieses Interview genommen haben.

Wie sind Sie auf die verrückte Welt gekommen, in der Mallory sich wiederfindet?

In der Mitte der 80er Jahre gab es so viele nicht-sehr-gute Fantasyromane, dass jemand, ich glaube, es könnte sogar Bob Silverberg (Anm.: Science Fiction-Autor) gewesen sein, der einen abwertenden Begriff dafür erfand: „Elfen-und-Einhörner Trilogien“. Und als ich mich nach ungefähr 15 aufeinander folgenden Science Fiction-Romanen entschloss, dass es Zeit war, einen Fantasy-Roman zu schreiben, dachte ich, dass es interessant wäre, einen zu schreiben, in dem ein Elf und ein Einhorn auftauchen und der nicht wie diese ganzen wirklich grauenhaften und absolut generischen Elf-und-Einhorn-Bücher ist.

Ich habe die Handlung in New York spielen lassen, weil die Leser mit den Sehenswürdigkeiten vertrauter sind als mit denen der meisten anderer amerikanischer Städte. Dadurch würde es ihnen schneller auffallen, die Veränderungen an bekannten Orten zu erkennen, die ich in der Serie benutze, um zu zeigen, dass das nicht genau das Manhattan ist, das man kennt. Das Vampire State Building statt des Empire State Building; Greenwitch Village (etwa: Grünhexendorf) statt Greenwich Village; Madison Round Garden statt Madison Square Garden (also „rund“ statt „eckig“) und so weiter.

Der Krimifall ist sehr komplex. Wie ist es Ihnen gelungen, dabei nicht den Überblick zu verlieren?

Das ergibt sich, wenn man ein Berufsschreiberling ist, der bereits 1987 mehr als 19 Millionen Wörter verkauft hat. Da gibt es kein Geheimnis: Man legt die Handlung vor dem Beginn fest und dann schreibt man drauflos.

Woher hatten Sie die Ideen, mehr als einen Roman über Mallory zu schreiben?

Ich dachte, dass Mallory nach „Jäger des Verlorenen Einhorns“ (Stalking the Unicorn) in den Ruhestand gegangen sei. Ich hatte ernsthaft keinerlei Intention einen weiteren Roman zu schreiben. Zudem stand ich unter Vertrag für fünf oder sechs Bücher, die alle Science Fiction statt Fantasy waren.

Dann, zwei oder drei Jahre später, gab Lawrence Watt-Evans eine Anthologie von Geschichten namens „Newer York“ (Anm.: erschienen 1991 bei Roc) heraus. Eine mögliche Beitragende fragte, ob sie eine Fantasy- statt eine Science Fiction-Geschichte schreiben könnte, und er erwiderte, er würde sie nehmen, wenn sie so gut wie „Jäger des Verlorenen Einhorns“ wäre. Komplimente bringen mich dazu, alles zu tun, daher schrieb ich für ihn eine Mallory-Kurzgeschichte, „Post Time in Pink“.

Dann bat Martin H. Greenberg um eine Mallory-Geschichte für „A Christmas Bestiary“ (“The Blue-Nosed Reindeer”), Kristine Kathryn Rusch bestellte eine für „F&SF“ (“Cark Shark”), Bill Fawcett bat um eine für „Masters of Fantasy“ (“The Amorous Broom”), Black Gate Magazine bestellte eine (“The Chinese Sandman”), ein Verlag in England wollte eine für „The Solaris Book of New Fantasy“ (“Shell Game”), und ich verkaufte selbst eine für „The Dragon Done It“, eine Anthologie, die ich mit Eric Flint (“The Long and Short of It”) herausgab.

Diese letzten beiden habe ich erst vor ein paar Jahren geschrieben, als ich die „Starship“-Serie bei Pyr begann. Mein Verleger, Lou Anders, las sie und fragte mich, ob er „Jäger des Verlorenen Einhorns“ neu auflegen dürfe und ob ich bereit wäre, ein paar weitere Mallory-Geschichten zu schreiben. Ich sagte ja – ich genieße es wirklich, sie zu schreiben – und in den nächsten zwei Jahren gab ich ihm „Mallory und die Nacht der Toten“ (Stalking the Vampire) und „Mallory und der Taschendrache“ (Stalking the Dragon).

Ich war danach zu beschäftigt, um weitere Mallory-Romane zu schreiben, aber diese sieben Geschichten (gut, sechs Novellen und eine Kurzgeschichte) waren nur einige tausend Wörter davon entfernt, um genug für eine Sammlung zu bieten. Ich brauchte sowieso einen „Stalking“-Titel, daher schrieb ich diesen Winter „Stalking the Zombie“, der bisher noch nirgends erschienen ist, aber die Hauptgeschichte der Mallory-Sammlung, „Stalking the Zombie“, sein wird, die kurz vor der Worldcon in diesem Sommer erscheinen wird. Entschuldigen Sie die Länge der Antwort.

In der Originalversion wurde die Covergestaltung für „Jäger des Verlorenen Einhorns“ von Boris Vallejo erstellt, einem Meister der Künste, der seit Jahren einer meiner Lieblingskünstler ist. Was haben Sie gedacht, als Sie das Cover das erste Mal gesehen haben?

Ich mochte das Cover von Boris, aber ich muss sagen, dass die Pyr-Neuauflage von 2008 von Dan Dos Santos eines meiner zwei oder drei Lieblingscover geworden ist (und das schließt weit mehr als hundert Science Fiction- und Fantasy-Romane, Sammlungen und Anthologien mit ein).

Sie sind ein Autor mit Dutzenden von publizierten Texten und Romanen. Was machen Sie in Ihrer Freizeit?

Ein Reporter fragte einmal Pablo Picasso, was er als Hobby machen würde. Er antwortete: „Ich male.“ Und der Reporter erwiderte nein, das sei das, was er als Broterwerb betreibe; was er zur Entspannung tun würde. Und Picasso sagte: „Ich male.“ Ich, ich schreibe.

Bei welchem Roman hatten Sie am meisten Spaß beim Schreiben?

Ich habe einige Bestseller geschrieben und ich glaube, „Kirinyaga“ hat vermutlich mehr Preise gewonnen als jedes andere Science Fiction-Buch in der Geschichte – aber mein Lieblingsbuch, das, bei dem ich das Schreiben am meisten genossen habe, war „The Outpost“. Sie haben nie davon gehört? *seufz* Fast niemand hat. Stellen Sie sich das vor.

Derzeit geben Sie eine Anthologie mit dem Titel „The Worlds of Edgar Rice Burroughs“ heraus. Ich bin ein großer Fan seines Werks, seit ich das erste Mal seine Romane gelesen habe. Wie ging es Ihnen dabei, ihre Novelle „The Forgotten Sea of Mars“ beizutragen?

Ich habe gemischte Gefühle. Ich war 21 Jahre alt, als ich sie geschrieben habe (ich werde Anfang März 70 Jahre alt), und habe es absichtlich im Stil von Edgar Rice Burroughs geschrieben statt dem von Mike Resnick. Aber die Burroughs-Fans schienen sie zu lieben, als sie veröffentlicht wurde, und ich habe Ausgaben auf Ebay und in Verkaufsräumen gesehen, die für 300 Dollar weggingen, daher schien es mir ein guter Zeitpunkt zu sein, sie wieder zu einem vernünftigen Preis zu veröffentlichen. Und wenn Sie sie nicht mögen, erinnern Sie sich bitte daran, dass ich jetzt 48 Jahre besser bin.

Ihr Projekt „Mike’s Writer Children“ ist großartig und sehr spannend. Wie sind Sie darauf gekommen?

Ich hatte gerade Neuauflagen der drei ersten Lucifer Jones Bücher (er ist mein Lieblingscharakter) an Arc Manor verkauft, einen relativ neuen Verlag, mit dem ich bisher noch nicht gearbeitet hatte, und Shahid Mahmud, der Verleger, fragte mich, ob ich eine Idee für eine neue Buchserie hätte – etwas, das niemand sonst tun würde. Ich erinnerte mich daran, dass Maureen McHugh den Begriff „Mike’s Writer Children“ erfand, um die 20 oder 25 Neulinge, die ich „adoptiert“ und ihnen auf ihrem schriftstellerischen Weg geholfen hatte, zu beschreiben. Ich arbeitete mit ihnen zusammen, kaufte GEschichten von ihnen, wenn ich Anthologien herausgab und stellte sie Verlegern und Agenten auf Conventions vor. Mir ging auf, dass ich wohl nicht der einzige Schriftsteller war, der so etwas tat. Daher schlug ich das vor, was sich zur „Stellar Guild“-Reihe entwickelte, eine Reihe von Zusammenarbeiten, in denen ein etablierter Star eine Novelle schreibt und danach schreibt ein Protégé, den dieser Star sich ausgewählt hat, eine Kurzgeschichte, die im gleichen Universum spielt, und sie teilen sich den Platz auf dem Cover.

Viele sagten mir: „Oh, Sie werden nie die großen Namen in diesem Bereich dazu bekommen, Novellen zu schreiben, nicht bei dem Gehalt“ – über dem Durchschnitt, aber nicht riesig – „das Sie zahlen.“ Dennoch hat jeder einzige, an den ich herangetreten bin, nachdem ich ihnen die Reihe erklärt habe und dass sie sich den neueren Autor aussuchen konnten, zugesagt. Die ersten beiden Bücher von Kevin J. Anderson, „Tau Ceti“, und Mercedes Lackey, „Reboots“, (und ihren Protégés) sind erschienen, und wir haben Robert Silverberg, Harry Turtledove, Eric Flint und mich selbst unter Vertrag. In weiteren sechs Monaten wette ich, dass wir sechs bis zehn weitere Stars unter Vertrag haben. Wie man so schön sagt: Zu dem Zeitpunkt, an dem man in einer Position ist, in der man sich in diesem Bereich bei denen bedanken kann, die einem geholfen haben, kann man es nicht mehr, denn jeder, der geholfen hat, ist entweder reich, tot oder beides, daher hilft man anderen nach oben. Die „Stellar Guild“-Reihe macht daraus nur eine kreative und leichte Sache.

Ihre neuesten Romane auf englisch sind etwas Steampunk-artig. Was, glauben Sie, ist der Reiz dieses Genres, dass so viele Autoren nun darin schreiben?

Ich werde komplett ehrlich sein: Ich habe wenig Interesse an Steampunk. Was ich immer tun wollte, war einen Roman über Doc Holliday und Johnny Ringo zu schreiben, die die beiden einzigen studierten Revolverhelden des Wilden Westens waren. Als Lou Anders daher um einen „Weird Western“ (einen seltsamen Western) bat, gekoppelt mit Magie und Steampunk, dachte ich mir: Na ja, ich gehe auf die 70 zu und habe dieses Buch immer noch nicht geschrieben, daher war es vermutlich die Wahl, es als einen Steampunk-Fantasy-Roman zu schreiben oder gar nicht. Ich habe es als „The Buntline Special“ geschrieben, und es wurde sehr gut aufgenommen. Im Dezember erschien „The Doctor and the Kid“, die Fortsetzung, und ich habe gerade für zwei weitere unterschrieben: „The Doctor and the Rough Rider“, in dem zwei meiner historischen Lieblingsgestalten auftreten (Teddy Roosevelt und Doc Holliday), und „The Doctor and the Dinosaurs“, das während der „Knochenkriege“ zwischen den sich bekriegenden amerikanischen Paläontologen Edward Drinker Cope und Othniel Charles Marsh Ende des 19. Jahrhunderts spielt.

Welches Projekt würden Sie am liebsten machen? Welche Ideen stecken noch in Ihrem Kopf, die einfach das Licht des Tages sehen müssen?

Nun, ich muss noch anderthalb Bücher über Lucifer Jones schreiben, bis ich ihn von jedem Kontinent der Erde geworfen bekommen habe. Ich sage „anderthalb“, weil seine Abenteuer in nahezu jeder Online-Ausgabe des „Subterranean“-Magazins erscheinen und die Hälfte von dem, was das fünfte Lucifer-Buch sein wird, bereits erschienen ist. Für’s Protokoll: Die ersten vier sind „Adventures“, „Exploits“, „Encounters“ und „Hazards“. Das fünfte wird „Voyages“ heißen.

Irgendwo habe ich die Grundzüge für zwei weitere Santiago-Bücher herumliegen, falls ich sie jemals in meinen Zeitplan einbauen kann. Ich besitze Notizen für acht oder zehn weitere und natürlich warten ungefähr siebzig oder achtzig Kurzgeschichten darauf, erzählt zu werden. Und das ist nur in diesem Feld. Ich habe vor einigen Jahren eine Krimi-Geschichte geschrieben, die ich wirklich genossen habe, und ich überlege, schon bald eine Fortsetzung zu schreiben, vielleicht diesen Sommer. Und es gibt immer mehr. Ich glaube, ich habe 11 Bücher, die 2012 erscheinen, und ich erwarte, dass ich bis zu dem Tag, an dem ich sterbe, schreiben werde (und vielleicht sogar ein wenig darüber hinaus).

Danke, und ich freue mich auf die nächsten Veröffentlichungen von Mallorys Abenteuern: „Mallory und die Nacht der Toten“ (Stalking the Vampire), bereits erschienen, und „Mallory und der Taschendrache“ (Stalking the Dragon), erscheint im Juli 2012.

Das englische Original-Interview ist hier zu finden.