Auf der Leipziger Buchmesse nahm sich die österreichische Autorin Isabella Feimer die Zeit für ein kleines Interview. Sie arbeitet als Regisseurin im Theater und schreibt zusätzlich Romane, wie „Der afghanische Koch“, in denen sie die Zeitgeschichte Österreichs in eine spannende und bewegende Handlung einbaut. (Foto: Copyright Michael Winkelmann)
Vielen Dank, dass Du Dir die Zeit für das Interview genommen hast.
Erstmal Glückwunsch zum 2. Preis des Literaturwettbewerbs der Akademie Graz in der Kategorie „Roman“!
Das war der der erste Literaturpreis, den ich jemals bekommen habe. Daher freue ich mich umso mehr darüber. Es handelte sich dabei um eine Blindeinreichung, bei der man nicht wusste, wer den Text verfasst hat.
Wie lange schreibst Du schon?
Ich habe wie wahrscheinlich jeder Autor in der Pubertät damit begonnen, danach aber wieder damit aufgehört, dank negativen Feedbacks der Deutschlehrerin – ganz klassisch. Während des Studiums habe ich begonnen, im Theater als Regisseurin zu arbeiten und bin über die Beschäftigung mit Stücken zum Schreiben von eigenen Texten gekommen. Ernsthaft schreibe ich seit 2008 wieder. Ich habe an der Leondinger Akademie für Literatur unter dem Schriftsteller Gustav Ernst Kurse belegt. Dadurch gab es stets Feedback auf den Stil, die Geschichte.
In Österreich bekommt man auch Staatsstipendien für Schreibarbeit, die ein Jahr lang laufen. Und so eines bekam ich nach Abschluss der Akademie.
Die erste Liebe ist aber nach wie vor das Theater?
Es hält sich die Waage. Ich habe im Theater Pause gemacht und beginne jetzt erst wieder. Ich werde nicht mehr alle halbe Jahre eine Produktion machen, da wir eine freie Gruppe sind, die wenig Geld erhält – und ich brauche Zeit zum Schreiben.
Was an den Personen oder dem Stück hat Dich so mitgerissen, dass Du „Pornoladen“ auf die Bühne bringen musstest?
Wie im Leben so oft eine zufällige Geschichte. Eine Freundin von mir, die Dramaturgin ist, las meinen Text, der ursprünglich Prosa war, und war davon überzeugt, das müsse auf die Bühne.
Deine Aufgabe besteht dann darin, den Text umzusetzen, damit er auf der Bühne gezeigt werden kann?
Ich habe den Text geschrieben, und die Dramaturgin hat ihn dramatisiert. Dazu kommt dann meine Arbeit als Regisseurin. Die Arbeit mit den Schauspielern, Szenenauflösungen – und aus all dem ein Gesamtkonzept zu machen.
Was macht man als Regisseur?
Die Arbeit mit Schauspielern an der Figur, Szenen arrangieren, ein Gesamtkonzept für das Stück entwickeln, mit Bühnenbildnern, Designern und Kostümfrauen zusammenarbeiten – im Grunde alles.
Also ist man Mädchen für alles, trägt aber einen prestigeträchtigeren Namen?
Das erfasst es ziemlich genau. (lacht) Kaffee habe ich allerdings noch keinen gekocht. In der Regiearbeit haucht man quasi Texten Bilder ein. Das ist ja auch das Schöne am Schreiben – man ruft Bilder im Kopf des Lesers hervor.
Das freut mich sehr, da das der Anspruch ist, den ich an mich habe.
Wieso Afghanistan? Wien erklärt sich noch einigermaßen aufgrund Deiner Herkunft und Deines Wohnorts, aber worin liegt die Faszination für dieses Land?
Generell ist es so, dass Afghanen in Österreich die größte Flüchtlingsschicht bilden. Ich habe diese Tatsache im nahen bekannten Umfeld selbst miterlebt. Faszination ist vermutlich das falsche Wort, da es um Kriegstraumata und Flüchtlingsgeschichten geht, darum wie man als Fremder in einem fremden Land existiert, wie man wahrgenommen wird, etc. Das war mir vorher in einem so engen Umfeld unbekannt. Es war und ist in Österreich ein langes Problem, das auch politischer Zündstoff war. Im Vorfeld des Buches habe ich diese Geschichten näher miterlebt und dachte mir, das müsse erzählt werden.
Woher kam der Titel?
Die Hauptfigur ist ein junger Mann, der in jungen Jahren vor den Taliban flüchten musste. Er hatte ein Medizinstudium in Kabul begonnen, und sein Vater war ein Apothekenbesitzer und Arzt. Dieser junge Mann musste flüchten, landete in Österreich und begann dort als Hilfskoch zu arbeiten. Das ist auch einer der Konflikte: Die hochwertige Ausbildung, aber zugleich die Arbeit, die nichts mit seiner eigentlichen Tätigkeit zu tun hat.
Wie kommt die weibliche Figur dazu?
Die intensivste zwischenmenschliche Beziehung ist eine Liebesgeschichte, die ich dazu benutzen wollte, die Konflikte zwischen den Kulturen zu zeigen. Sie versucht, ihn zu verstehen – sein Leben, sein Kriegstrauma, etc. Sie vergleicht es mit ihrem Großvater und seinen Erlebnissen im Zweiten Weltkrieg. Der Koch bittet sie schließlich, seine Geschichte aufzuschreiben, wodurch sie mehr Zeit miteinander verbringen.
Wie bist Du zum Septime-Verlag gekommen?
Das war wohl Schicksal. Ich war relativ lange auf der Suche nach einem Verlag – anfangs noch mit einem anderen Buch – und habe dann auf Facebook den Geschäftsführer des Verlags, Jürgen Schütz, gefunden und ihn formlos angeschrieben, ob er an einer Zusammenarbeit interessiert wäre.
Das Buch passt perfekt ins Programm.
Ja. Die Zusammenarbeit war wirklich gut. Und es war wunderbar, ein Buch in der Hand zu halten, das wirklich gedruckt worden war. Das unterscheidet sich sehr von der Arbeit an einem Theaterstück.
Viele Autoren haben kleine schmutzige Geheimnisse, die in den Schubladen vor sich hindümpeln. Hast Du auch eines?
Es gibt viele Schreibversuche, die in der Schublade gelandet sind, bei denen ich aber schon während des Schreibens wusste, dass das nichts werden würde. Es war eine Stilsuche. Erst mit „Der afghanische Koch“ wusste ich, dass das veröffentlicht werden könnte. Auch jetzt noch landet einiges in der Schublade, wenn es ins Stocken gerät oder nicht mehr wichtig genug für mich ist.
Was ist das nächste Projekt nach dem Theater?
Ich schreibe ja gerne, daher sitze ich schon am nächsten Projekt. Ein paar Ideen sind da. Im nächsten Jahr wird einen Text über Österreich in der Nachkriegszeit geben, da mir das ein eigenes Anliegen ist. Mit dem Thema bin ich aufgewachsen und glaube, dass es noch nicht genügend aufgearbeitet worden ist. Allerdings stehen einige Lesungen an, die ich auch sehr gerne halte.
Ich möchte ein gewisses sprachliches und stilistisches Niveau halten, aber auch Texte schreiben, die die Menschen ansprechen und bewegen.
Danke für das Interview.