Harald Havas gilt als einer der Experten, was Comics angeht. Regelmäßig ist er auf dem Comicsalon Erlangen zu finden und hält dort intelligente und spannende Vorträge. So war es nur ein kleiner Schritt, ihn zu bitten, einige Fragen für Lazy Literature zu beantworten. (Fotos: Copyright Metroverlag/Alexander Schuppich und Harald Havas)
Wie sind Sie ursprünglich dazu gekommen, sich auf eine weiterführende Art mit Comics zu beschäftigen, statt sie „nur“ zu konsumieren?
Ich sage gerne, dass ich einfach bei den Comics geblieben bin, die mich wie fast alle Kinder besonders meiner noch etwas weniger medienüberfluteten Generation schon sehr früh sehr begeistert haben – während andere sich mit der Zeit mehr anderen Dingen zugewandt haben. Ich bin einfach von Serie zu Serie gesprungen… Bussi Bär, den ich sogar im Abo hatte, dann Micky Maus, Fix&Foxi, meine Lieblingsserie „Pepito“, dann alle Asterix, MAD… Das alles haben auch andere gelesen. Aber danach sind viele abgesprungen, weil es in den 70ern/80ern nicht so viel für ältere Jugendliche gab. Manche blieben durch ZACK am Ball. Ich, weil ich ein Fan von Marvels Superhelden war. Dieses Interesse und das Sammeln alter Marvel-Williams-Hefte hat mich so lange ans Medium gebunden, bis ich alt genug war, „Comics für Erwachsene“ wie von Hugo Pratt zu entdecken.
Und ich habe auch schon immer versucht, meine Interessen kreativ umzusetzen; ich hab etwa schon in der Grundschule Freunde mit einem Kassettenrekorder interviewt und Werbe-Parodien und andere satirische Versuche hergestellt. So hab ich auch meine ersten Comic-Figuren schon sehr früh erfunden.
Eine weitere Triebfeder für die sekundäre Beschäftigung war aber sicher auch, dass ich mit meinem Comic-Interesse auf viel Vorurteile, auch Gleichaltriger, gestoßen bin. Die – wissenschaftliche, journalistische – Beschäftigung war auch ein Kampf gegen Vorurteile. Und eine Rechtfertigung meines berechtigten Interesses. Das hat mich dann auch zum Fachmagazin „COMIC FORUM“ geführt, dessen Chefredakteur ich sieben Jahre lang war.
Sie haben eine ziemliche Bandbreite an Comicstrips, die Sie selbst erstellt haben – im Auftrag für andere oder für sich selbst. Welche Auftragsarbeit war denn die, die Sie am meisten herausgefordert hat?
Da fallen mir spontan zwei ein. „Fred“, gezeichnet von Reinhard Kiesel und eine Art „Sex and the City“-Comic-Strip für die Website des ORF, lief über 5 Jahre im Wochenrhythmus. Mein eigener Anspruch, da nicht einfach nur Gags zu produzieren, sondern auch eine Art charakterorientierte Sitcom mit mehr oder weniger schlüpfrigen Mann-Frau-Themen über die Jahre und über 300 Strips zu ziehen, war schon herausfordernd. Das andere war eine Strip-Serie namens „Muso & Mammon“ über das Spannungsfeld zwischen Business und Kunst für eine Doppel-Website eines Freundes, der einerseits Künstler und andererseits Betreiber einer Plakatierungsfirma ist. Die Challenge war hier nicht nur das Thema selbst, sondern auch, dass ich die Serie selbst gezeichnet habe. Sonst texte ich ja „nur“.
Sie zeichnen für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Worin sehen Sie die Herausforderung, für die einzelnen Zielgruppen zu zeichnen und was gefällt Ihnen daran jeweils besonders gut?
Das ist ein altes Missverständnis: Ich schreibe für Erwachsene, Jugendliche und Kinder. Wenn es sich dabei um Comics handelt, werden die Texte in praktisch allen Fällen von anderen Zeichnern und Zeichnerinnen ausgeführt. Bisher hatte ich so an die 20 PartnerInnen für ebensoviele – eigentlich mehr – Serien und Projekte.
Zur eigentlichen Frage: Ich versetze mich gern in meine Zielgruppen und überlege, was ihnen gefallen könnte. „I like to play to an audience“ auf Neudeutsch. Ich zwinge also niemandem meine Ideen, meinen Geschmack und meine Visionen auf. Bei Kindern bin ich gern etwas „edukativ“ unterwegs – aber nicht pädagogisch mit Zeigefinger, sondern ich zeige ihnen gerne etwas, das sie noch nicht wissen und das sie in Staunen versetzt. Bei Jugendlichen und Erwachsenen geh ich gerne an Grenzen, provoziere etwas, aber ohne niederzumachen oder gemein zu werden. Auch hier bringe ich meine Leser gerne zum Staunen, zum Wundern und im besten Fall zum Nachdenken.
Eine Sammlung von ein paar Hundert von mir getexteten Strips gibt’s übrigens hier.
Neben Comics scheint ein weiteres Ihrer vielen Interessensgebiete das der Intelligenzforschung bzw. der Steigerung der Intelligenz zu sein. Wie kamen Sie zu diesem spannenden Themenfeld?
Publizistisch kam ich eher zufällig dazu. Der Compact Verlag suchte Autoren für Sachbücher zu diesen Themen, ich suchte Jobs… voila. Ein anderer Aspekt dabei ist aber auch hier mein Interesse, Leute zum Staunen oder zum Nachdenken zu bringen. Das geht auch über Rätsel, Intelligenztests und mentale Tipps und Tricks. Und passt wiederum zu meinen Arbeiten für Kindermagazine, wo ich auch Rätsel gestalte, und meine Arbeiten als Spiele-Autor von meist kreativen Quizspielen.
Selbst Spiele sind Ihnen nicht fremd und Sie haben einige davon erfunden. Wie gehen Sie bei der Entwicklung eines Spiels vor?
Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder eine Firma oder eine Zeitschrift sucht ein konkretes Spiel, etwa aus Merchandise-Gründen; dann versuche ich mich dem Thema anzupassen. Etwa meine Sammelsurien-Länderquiz-Serie oder „Was gibt es Neues?“, eine Adaption der gleichnamigen ORF-Sendung (die österreichische Version von „Genial daneben“). Oder Spiele für Kindermagazine und Bordspiele für die Austrian Airlines.
Die andere Möglichkeit: ich habe eine eigene, oft spontane Idee. Einmal musste ich etwa – smartphonlos – in einem langweiligen Vorzimmer warten. Ich hab auf einen kleinen Teppich, der als Tischbedeckung dort lag, gestarrt und mit Münzen ein Spiel erfunden, das man auf dessen Muster spielen kann. Die spontanen Sachen werden allerdings weitaus seltener zu einem realen Produkt… 🙂
Ihre Vorträge sind äußerst unterhaltsam und reißen jede Altersstufe mit. Was gefällt Ihnen daran besonders gut?
Improvisation. Ich weiß, was ich sagen will, ich kenne meine Fakten, aber der Rest ist spontan, Improvisation, Stand-up. Auch hier mag ich den Edutainment-Aspekt: die Leute unterhalten, bei der Info-Vermittlung zum Lachen bringen… Einer meiner Berufswünsche war ja auch Schauspieler, ich hab sogar eine Schauspielschule besucht. Diesen Teil kann ich da also auch ein wenig verwirklichen.
Was sind die nächsten Projekte, die bei Ihnen anstehen?
Nach meinem letzten Buch „Der Mann der den Neusiedlersee trocken legen wollte – und andere kuriose Österreicher“ arbeite ich an einer Art Fortsetzung mit einem leicht variierten Zugang. Aktuell mach ich auch „Landkarten in phonetischem Englisch“ – etwa eine über „Toyed Shoe Lunt“ von Hum Pork“ bis „Buy Earn“. Die letzte war das Wiener U-Bahn-Netz. Außerdem hab ich nach längerer Zeit wieder Pläne für neue Comic-Projekte abseits von Kindermagazinen mal sehen…
Möchten Sie den Lesern noch etwas mitteilen?
Nicht so wirklich. Aber wer sich gerne von mir unterhalten und/oder belehren lassen möchte, kann sich ja mal meinen Blog ansehen. Oder versuchen sich in meinen wuchernden Tätigkeitsfeldern zu Recht zu finden, via meiner Online-Visitkarte oder auf meiner – schlecht gewarteten – Website.
Vielen Dank für das Interview.