Eva Völler ist die erfolgreiche Autorin mehrerer Frauenromane; unter dem Namen Charlotte Thomas schreibt sie historische Bestseller, und begibt sich nun in den Jugendbuchbereich. (Foto: Copyright Bastei Lübbe)

Herzlichen Dank, dass Sie sich die Zeit für das Interview nehmen.
Ursprünglich haben Sie in einem ganz anderen Genre begonnen als historische Romane. Wie kam es zu dem Wechsel?

Dafür war meine frühere Lektorin verantwortlich. Sie sagte eines Tages: Schreib doch mal einen historischen Roman, die Leser lieben das! Zuerst dachte ich, nur studierte Historiker könnten historische Romane schreiben, aber dann hat mich die Idee begeistert, denn ich habe mich schon immer für Geschichte interessiert, vor allem für die italienische. So kam es, dass ich neben den Frauenkomödien auch diverse Abstecher ins historische Fach unternommen habe. Zuerst als Francesca Santini mit einem Toskana-Roman, der im Zweiten Weltkrieg spielte („Zypressenmond“), dann später als Charlotte Thomas mit meinen Venedig-Romanen, beginnend mit „Die Madonna von Murano“ und zuletzt „Das Erbe der Braumeisterin“, einem Roman aus dem Kölner Mittelalter. Und last but not least jetzt auch noch als Elena Santiago mit meinem soeben erschienenen Karibik-Roman „Inseln im Wind“, der im Jahr 1650 angesiedelt ist.

Wie hat Ihre Liebe zu Venedig und Venetien begonnen, das in den bisherigen Romanen, die Sie als Charlotte Thomas verfasst haben, eine ganz eigene Rolle spielt?

Schon als ich mit 16 Jahren das erste Mal in Venedig war, hat mich die Stadt fasziniert. Mit ihren verwinkelten Gassen, den alten Palazzi und unzähligen Kanälen ist sie von einzigartiger Schönheit, jede Ecke, jeder Platz atmet förmlich Geschichte. Man muss sich einfach in Venedig verlieben. Wer einmal dort war, will unbedingt wieder hin, und so erging es mir auch. Bis heute kann ich nicht genug von Venedig bekommen und freue mich jetzt schon wieder auf den nächsten Besuch.

Sie haben in Ihrem neuesten Roman „Das Erbe der Braumeisterin“ von Venedig zu Köln gewechselt. Was war der Grund dafür?

Ganz einfach: die Abwechslung. Und meine heimischen Wurzeln, die im Rheinland liegen. Köln ist toll, ich mag die Stadt, sie hat eine aufregende, sehr lebendige Geschichte. Und nicht zu vergessen: Mein Verlag befindet sich in Köln, da hat es sich förmlich aufgedrängt, einen historischen Roman auch einmal dort spielen zu lassen.

Was hat Sie beim Schreiben von „Das Erbe der Braumeisterin“ am meisten begeistert?

Die Recherchen zum Thema Bier. Oder besser: zum Kölsch. Über die Geschichte der Braukunst gibt es unglaublich viel Wissenswertes zu entdecken. Nicht zuletzt bei diversen Vor-Ort-Verkostungen in Kölner Brauhäusern.

Wie gehen Sie bei Ihrer Recherche vor?

Ich lese mich in ein Thema ein. Fachbücher, Magazine, Zeitschriften – zuerst bestelle ich mir einen Stapel einschlägiger Literatur und informiere mich ausgiebig zu den Themen, die ich behandeln will. Außerdem drucke ich mir viele sachbezogene Artikel aus dem Internet aus. Wikipedia ist eine gute Fundgrube, aber auch auf zahllosen anderen Seiten findet man Nützliches und Erhellendes.

Und idealerweise reise ich dann natürlich auch an den Ort des Geschehens und sehe mich da um. Das ist regelmäßig die schönste und erfreulichste Recherche.

Was denken Sie über Iny Lorentz, das Ehepaar, das den historischen Roman in Deutschland wieder populär gemacht hat?

Ich kenne beide seit Jahren und schätze sie in hohem Maße. Als miteinander sehr vertraute Kollegen haben wir schon manchen Abend zusammen verquatscht und über Gott und die Welt philosophiert. Mindestens einmal im Jahr treffen wir uns auf Tagungen oder Buchmessen, und ich freue mich immer unbändig, die beiden zu sehen. Ihre Bücher nehmen einen hochverdienten Platz im Genre des historischen Romans ein, sie sind jedes Mal ein zuverlässiger Garant für hervorragende Unterhaltung. Ich hoffe, es gibt noch sehr, sehr viel von den beiden zu lesen!

Haben Sie einen Lieblingscharakter aus Ihren Büchern?

Oh ja, das ist Marco, der Held aus „Der König der Komödianten“. Den liebe ich einfach. Das Besondere an ihm ist, dass er, obwohl er ein junger Mann ist, als Ich-Erzähler auftritt. Es hat mir unglaublichen Spaß gemacht, den Roman aus seiner Sicht zu schreiben, daran denke ich heute noch sehr gern zurück.

Mit „Zeitenzauber“, Ihrem neu erschienenen Jugendroman, sind Sie nach Venedig zurückgekehrt. Inwiefern unterscheidet sich das Schreiben von Jugendromanen von dem von historischen für Erwachsene?

In der Sprache. Sie muss jugendlicher klingen, im Stil etwas knapper und vor allem weniger ernst. Die Handlung ist nicht ganz so komplex, die Verwicklungen dürfen nicht allzu dramatisch sein. Blut, Tod und Grausamkeiten haben hier keinen Platz auf der Tagesordnung. Und natürlich sind die Jugendromane deutlich kürzer.

Planen Sie weitere Jugendromane?

Ja, auf jeden Fall. Von „Zeitenzauber“ soll es zwei Folgebände geben, so dass am Ende eine Trilogie vorliegt. Der nächste Titel ist für Frühjahr 2013 geplant. Und soeben ist mein Roman „Sommerküsse schmecken besser“ erschienen, ein Buch für Mädels ab 12.

Auf welches historische Setting dürfen sich die Leser in Ihrem nächsten Charlotte Thomas-Roman freuen?

Das steht noch nicht fest, denn zuerst stehen ein neuer Frauenroman und der nächste Band von „Zeitenzauber“ auf dem Programm.

Würden Sie gerne in den Zeiten leben, über die Sie schreiben?

Oh nein, ganz sicher nicht! Damals standen die Leute immer quasi mit einem Bein im Grab. Eine Blinddarmentzündung ging meist tödlich aus. Jede vierte Frau starb im Kindbett! Von den Kindern ganz zu schweigen – kaum jedes dritte erreichte das Erwachsenenalter. Karies führte unweigerlich zum Zahnverlust. Es gab ja nicht mal Pflaster, geschweige denn Aspirin. Keine Kühlschränke. Keine Dusche, kein Deo! Zeitreisen haben sicher ihre romantischen Aspekte, aber in der Realität bleibe ich lieber zuhause.

Herzlichen Dank für das Interview und weiterhin viel Erfolg!

Ich habe zu danken!