Alexandra Amber ist eine sehr umtriebige Autorin, die u.a. auch als Catherine Spanks, Laura Young, Emma Schneider, Lilian Noble oder Susan Jones bekannt ist. Nebenbei betreibt sie zusätzlich den Verlag „Das erotische Sekretariat“ und eine Edelboutique für Erotik. (Foto: Copyright Alexandra Amber/p41d.de)

Wie bist Du ursprünglich auf die Idee gekommen, im Erotikbereich Romane zu veröffentlichen?

Wie die Jungfrau zum Kinde! Ich habe mich eines Tages hingesetzt – es war sogar ziemlich genau vor drei Jahren, im November 2009 – und habe angefangen, zu schreiben. Da war eine Geschichte in mir, genährt von Beobachtungen, Erzählungen und eigenen Erfahrungen, die ich erzählen musste und wollte.

Ich habe mir weder Gedanken über das Genre gemacht noch darüber, dass das jemals veröffentlicht werden könnte. Ich habe einfach geschrieben, wie im Fieber, tage- und nächtelang. Ich konnte einfach nicht aufhören und konnte auch an nichts anderes denken als an diese beiden Protagonisten. Als ich dann fertig war, dachte ich erstmal: „Wow, ich habe ein Buch geschrieben. Einen ganzen Roman!“ Unfassbar! Ich habe schon früher viel geschrieben, als Kind, als Jugendliche. Dann kam das Studium (ich habe Germanistik und Anglistik studiert) und durch die ganze Theorie wurde ich so demütig, dass ich nicht mehr gewagt habe, etwas zu Papier zu bringen.

Zuletzt habe ich 1998 einige Kurzgeschichten geschrieben – die waren damals auch schon erotischer Natur, zwei davon wurden bei Bastei Lübbe in einer Anthologie veröffentlicht – und seitdem nichts mehr. Bis auf Briefe und Einkaufszettel natürlich. 🙂

Der Roman (2010 veröffentlicht als „Der Assistent“) war ursprünglich auch gar nicht als Erotikroman gedacht, er ist einfach von selbst dazu geworden. Was auch immer mir mein Unterbewusstsein damals mitteilen wollte *hüstel*. Ich habe mich dann getraut und das Werk einigen guten Freunden zu lesen gegeben, und das Feedback war überraschend positiv. Also traute ich mich noch mehr und wagte es, das Manuskript an einen Verlag zu schicken. Ich habe dazu einfach in meinem Geschäft ins Bücherregal geschaut und mir den Verlag ausgepickt, den wir am besten verkauften. Ich kann gar nicht sagen wie fassungslos ich war, als eine Zusage kam. Seitdem habe ich „Blut geleckt“, habe mich allerdings erst mal ein Jahr lang „fortgebildet“, Unmengen an Schreibratgebern verschlungen, sehr viele Bücher aus dem Genre gelesen, bis ich mich selbst „fit“ genug gefühlt habe, um weiterzumachen. Und seitdem bin ich kaum noch zu bremsen.

Neben deiner Schriftstellerkarriere und dem Verlag „Das erotische Sekretariat“ betreibst Du mit einer Freundin eine Edelboutique für Erotik in Essen. Wie vereinbarst Du das alles mit Deiner Freizeit und Deiner Zeit für Deine Familie? Bist Du besonders gut organisiert?

Das klingt immer alles so entsetzlich viel (ich studiere ja auch noch Kulturwissenschaften an der Fernuni Hagen 🙂 ), und wenn ich das irgendwem erzähle, frage ich mich manchmal selbst, wann ich das eigentlich alles mache. Derzeit verschlingt das Schreiben (und der Verlag, der erfreulich wächst) die meiste Zeit, danach kommt meine Familie, dann das Geschäft und dann der Rest. Ohne die großartige Unterstützung von Familie und Freunden wäre das alles aber nicht möglich, ich habe schon sehr viel und sehr tolle Hilfe von allen Seiten.

Am meisten leiden mein Haushalt und mein Mann. Der Haushalt hat neuerdings eine Putzhilfe bekommen, über die ich sehr sehr glücklich bin. Da diese Art von Outsourcing sich für meinen Mann aber nicht unbedingt empfiehlt, muss ich mir da kurzfristig mal was überlegen *grins*. Zum Glück hat mein Mann (noch!) Verständnis für meine Umtriebigkeit und klagt nur sehr selten über Vernachlässigung. Bin ich froh, dass es für Ehemänner nicht so was wie ein Jugendamt gibt, die sich bei Vernachlässigung kümmern, sonst wären die hier Dauergast.

Ich bin auch leider gar nicht gut organisiert, sondern ein ziemlicher Chaot und noch viel schlimmer – eine absolute Hedonistin. Ich arbeite sehr gerne, aber ich sortiere meine Tätigkeit gerne nach Spaßfaktor. Dinge, die ich gern mache, erledige ich daher in der Regel sofort, während anderes dafür auf der langen Bank landet. Und dann schiebe und schiebe ich vor mir her, bis es entweder eh zu spät ist oder ich panikartig in Windeseile Sachen erledige, die schon vor Monaten fällig gewesen wären. Ein schlechtes Gewissen und chronischer Schlafmangel sind jedenfalls meine ständigen Begleiter!

Du liest ja so ziemlich alles durcheinander. Welcher Roman ist momentan Dein Favorit und welchen würdest Du jederzeit zur Hand nehmen, wenn Du ein Stück geschriebene Schokolade brauchst?

Neben den oben genannten Dingen kommt das Lesen bei mir nie zu kurz. Ich lese im Schnitt 6-8 Bücher pro Woche, und Lesen gehört zu meinen absoluten Lieblingsbeschäftigungen. Dafür sehe ich nicht fern, gehe nur 2-3mal im Jahr ins Kino und feiere auch keine wilden Partys mehr (mein Gott, ich bin so langweilig!). Seitdem ich einen Kindle habe, ist das noch viel schlimmer geworden und ich laufe tatsächlich wieder mit einem Buch (bzw. meinem Kindle) vor der Nase auf der Straße herum, so wie früher schon als Jugendliche. Lebensgefährlich und nicht zur Nachahmung empfohlen, aber manchmal kann ich mich so schlecht von einem Buch trennen, dass mich jede Unterbrechung nervt und ich dann wirklich auf dem Weg zum Einkaufen lese *schäm*.

Im Moment lese ich „In einer Person“ (In one person) von John Irving, einem meiner absoluten Lieblingsautoren. Von ihm ist auch mein Schokoladenbuch – „Owen Meany“ (A Prayer for Owen Meany). Ich kann mich an kein Buch erinnern, bei dem ich lauthals gelacht und gleichzeitig hemmungslos geheult habe. Das habe ich mir auch als erstes ebook auf meinen Kindle geladen, obwohl mehrere Ausgaben davon in meinem Bücherregal stehen. Aber jetzt habe ich es IMMER bei mir, und wenn mir danach ist, schlage ich eine beliebige Seite auf und lese ein paar Absätze. Mit den Jahren ist Owen Meany für mich fast zu einem Freund geworden, und ich habe am Ende des Romans geheult wie ein Schlosshund – um Owen Meany, aber auch, weil das Buch zu Ende war! Grausam! Für mich eines der besten Bücher aller Zeiten, und immer, wenn ich darin lese, fühle ich mich als „Schriftstellerin“ so klein wie ein Sandkorn, weil John Irving und ich, was das Schreiben angeht, leider auf zwei ganz anderen Planeten leben (und ich wäre soooo gerne irgendwann mal auf seinem…).

Wie behältst Du den Überblick über Deine vielen Pseudonyme – Catherine Spanks, Susan Jones, Lilian Noble, Emma Schneider und Laura Young? Magst Du einen besonders gerne?

Ja, die vielen Pseudonyme *lach*. Das erste (Susan Jones) kam vom Verlag und das gehört ihm auch, das durfte ich also für weitere Veröffentlichungen nicht verwenden. Ebenso wie Laura Young. Für Autoren immer etwas unglücklich, für den Verlag natürlich toll (es sei ihm gegönnt :). Catherine Spanks ist mein Pseudonym für – na klar – SM-Geschichten. Vielleicht schreibt Catherine demnächst auch noch einen Roman, bisher hat sie ja nur Kurzgeschichten verfasst. Ich mag den Namen und ich bin darauf gekommen, weil ich auf einem alten Friedhof in London einen Grabstein entdeckt habe auf dem stand:

William Spanks
and
his wife Catherine

Das „and“ war allerdings so vermoost, dass man es nicht mehr lesen konnte. Ohne den Zusatz ergibt der Satz natürlich eine ganz andere Bedeutung (ich weiß nicht, ob man über 150 Jahre alte Grabsteine lachen darf, aber ich konnte mich wirklich kaum beherrschen). [Anm.: Die Übersetzung von „William Spanks his wife Catherine“ wäre „William verhaut seine Frau Catherine.“] Das fiel mir sofort wieder ein, als ich nach einem Namen für eine SM-Autorin suchte. An dem Pseudonym hänge ich auch so sehr, dass die liebe Catherine sicher noch fleißig weitermachen wird, was ich von den anderen Alter Egos nicht behaupten kann. Ich habe in den letzten zwei Jahren sehr viel ausprobiert und versucht herauszufinden, was mir selbst am meisten liegt beim Schreiben und wo es möglicherweise dann auch noch Schnittmengen mit dem Geschmack der Leser gibt. Richtig „gefunden“ habe ich mich immer noch nicht, dafür bin ich auch viel zu neugierig und experimentiere zu gerne mit dem Schreiben herum, aber so bleibt es auch für mich absolut spannend.

Inzwischen hat Dich Dein letztes Roman-Projekt wohl nach St. Petersburg geführt. Wie hat Dir die Stadt gefallen und kannst Du uns etwas darüber verraten, wofür Du die Recherche gebraucht hast?

Sankt Petersburg ist eine wunderbare Stadt, jedenfalls im Sommer zu den „weißen Nächten“. Und die spielen auch eine große Rolle in meinem Roman. Es ist ein Psychothriller mit SM-Erotik, der zum Großteil in Sankt Petersburg spielt, daher musste ich die Stadt natürlich unbedingt real sehen und erleben. Ich habe mir sogar vorher im Internet das Apartment herausgesucht, in dem mein Protagonist lebt, und es mir angesehen. Leider nur von außen – der Makler wollte vor einem Termin einen Nachweis haben, dass ich das nötige Kapital für die Wohnung habe. Aber gut, bis ich mir eine Wohnung in Sankt Petersburg für 5 Millionen Dollar leisten kann, muss ich wohl noch ein paar Bücher schreiben. 🙂

Im SM-Bereich hat „Shades of Grey“ sämtliche Rekorde gebrochen. Hast Du einen Blick riskiert oder ist Deine Herangehensweise an das Thema anders?

Ich habe Teil 1 (natürlich auf Englisch) im Januar gelesen, also einige Monate bevor das Thema in Deutschland so eingeschlagen hat. Teil 2 habe ich knapp bis zur Hälfte geschafft, und den dritten Teil habe ich dann einfach ignoriert (ich habe auf Amazon eine köstliche Zusammenfassung darüber gelesen, die reichte mir dann auch). Natürlich habe ich mich – wie wahrscheinlich viele Autoren – gefragt, was das Buch so erfolgreich macht, und ich habe für mich auch ein paar Antworten gefunden. Neben einem umwerfenden Marketing und sehr viel PR spielte natürlich auch die Twilight-Fanfiction-Sache eine große Rolle. Ich glaube, die Twilight-Fans sind eine so harte Community, dass man damit sehr viel erreichen kann, wenn man einen Nerv trifft. Und Nerven trifft die Autorin definitiv mit ihrem Roman – es ist eine Liebesgeschichte mit ganz klassischem Plot (die zwei Königskinder), nur dass hier keine sozialen oder religiösen Hindernisse die Liebe gefährden, wie das in früheren und modernen historischen Liebesromanen der Fall ist, sondern zwei gegensätzliche sexuelle Neigungen. Eine Jungfrau und ein Dom – das sind schon zwei heftige Konträre, und die Idee finde ich super!

Leider war die Umsetzung nicht mein Ding, aber das ist ja auch immer Geschmackssache. Ich kann verstehen, dass die Bücher so viele Frauen ansprechen, und sie sind sehr einfach geschrieben, man kann sie sehr schnell lesen, auch als Wenigleser. Irgendwie gerät man beim Lesen in eine Art Trance, weil sich durch die Einfachheit der Verstand abschalten kann, so ähnlich wie bei manchen Computerspielen, mit denen man ja diesen tranceartigen Zustand auch erreicht. Das Buch ist meiner Meinung nach also nicht trotz, sondern wegen des schlichten, sich häufig wiederholenden Schreibstils so erfolgreich. Aber da gibt es bestimmt sehr viel klügere Menschen und Kritiker, die sich darüber ausgiebig Gedanken gemacht haben. 🙂

Hast Du bei den Covern Deiner Romane ein Mitspracherecht – und wie gefallen sie Dir bisher?

Die schönsten Cover sind meiner Meinung nach natürlich die aus dem Erotischen Sekretariat, meinem eigenen Verlag, weil ich sie selbst ausgesucht habe. Ich mag Cover, die dezent erotisch sind, aber nicht zu viel verraten. Nackte Brüste und Hinterteile auf Covern müssen nicht sein, ich mag es lieber subtiler und vor allem elegant. Da die Bücher ja auch sehr erfolgreich sind und ich den Erfolg zu einem Großteil den Covermotiven zuschreibe, sehen das vielleicht noch mehrere Menschen so wie ich. Es müssen nicht gleich Blümchen sein, aber es gibt auch nette Motive, die nur eine unterschwellige Erotik vermitteln und nicht sofort an einschlägige Herrenmagazine erinnern.

Welche Projekte stehen bei Dir an, auf die sich Deine Fans freuen dürfen?

Ich schreibe so viel, dass ich manchmal selber den Überblick verliere. Zudem kann ich mich schlecht auf ein Projekt konzentrieren, weil mir dauernd was Neues einfällt, das dann natürlich auch unbedingt sofort niedergeschrieben werden will *seufz*. Darum schreibe ich so gerne Kurzgeschichten, die gehen „immer“ zwischendurch und ich kann darin so viele unterschiedliche Ideen verarbeiten, das liebe ich sehr. Es wird 2013 also mindestens zwei neue Anthologien mit Kurzgeschichten geben, eine von Lilian Noble und noch eine SM-Anthologie von Catherine Spanks, beide sind schon so gut wie fertig.

Dann schreibe ich derzeit an einem SM-Roman, der sich mit der großen Frage beschäftigt, ob man/frau mehr als einen Menschen lieben kann. Und natürlich mein Sankt Petersburg-Roman, der eher ein Thriller wird als ein Erotikroman, ähnlich den Romanen von Laura Reese. Der wird mich aber noch längere Zeit beschäftigen und ob oder wann er jemals erscheint, ist natürlich noch ein Rätsel. 🙂

Möchtest Du Deinen Lesern noch etwas mitteilen?

Ich bin unfassbar dankbar für jeden einzelnen Leser und freue mich immer riesig über Meinungen – gute wie schlechte! Gerade von den negativen Meinungen kann und will ich weiter lernen. Natürlich kann man es niemals allen rechtmachen, gerade nicht im Erotikbereich, das ist eben ein sehr subjektives Thema. Aber wenn jemand berechtigte Kritik für mich hat, immer her damit, ich freue mich darüber! Ansonsten kann ich es bis heute nicht fassen, dass es überhaupt reale Menschen gibt, die meine Bücher lesen. Danke!!!

Herzlichen Dank für das Interview.