Kompakt:

Von schreienden Männerchören, den Fall-Tücken einer agglutinierenden Sprache und fröhlichem Saunieren: Finnland ist definitiv eine – literarische – Reise wert! Und wenn es mit dem realen Urlaub nicht ganz klappt, gibt es hier ein ganzes Jahr im unterhaltsamen Zeitraffer.

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Schreck – Ein Jahr in Finnland
Autor Jasmina Schreck
Verlag Herder
Erschienen September 2015
ISBN 978-3-451-06762-4
Seitenanzahl 192 Seiten

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Inhalt

Jasmina Schreck hat genug von der Enge des Rheinlandes und will hinaus in die weite Welt – nach Finnland. Zunächst nur für einen Erasmus-Studienaufenthalt, doch daraus wird bald mehr. Die Landschaft, die Menschen und die konsonantenreiche Sprache haben es ihr angetan. Und so berichtet sie ein ganzes Jahr lang von Kuriositäten, interessanten Begegnungen und dem alltäglichen finnischen Wahnsinn.

Stil

Reiselektüre ist auch heutzutage noch ein begehrtes Literaturgut: Auf einfache Weise – am besten gemütlich von der eigenen Couch aus – kann man ein fremdes Land besuchen, neue Menschen und Kulturen kennenlernen … Und das ganz ohne Reisepass, Gepäckschererei oder, gerade bei einem Land wie Finnland, Kälte.

Jasima Schreck studierte Fennistik und bereiste Finnland schon mehrere Male während ihres Studiums, doch das kleine Städtchen Oulu hat sie überzeugt, länger zu bleiben. Die fünftgrößte, im Norden des Landes gelegene Stadt ist als IT-Zentrum bekannt, ebenso für die jährlich dort stattfindende Luftgitarrenmeisterschaft oder die Mieskuoro Huutajat, den schreienden Männerchor.

Während die Autorin in ihrem Prolog schildert, wie sie Oulu überhaupt kennenlernte (wegen eines in der Nähe stattfindenden Konzerts der Band „Sentenced“), bieten die weiteren zwölf Kapitel einen breitgefächerten Überblick über das finnische (Land-)Leben und den dortigen Familienalltag. Die Liebe hat Jasmina Schreck in Finnland auch gefunden – und damit eine finnische Familie, die zu Weihnachten die typischen Aufläufe (Kartoffelauflauf, Möhrenauflauf, Leberauflauf mit Rosinen), Lachs und den traditionellen joulukinkku, den Weihnachtsschinken, kredenzt:

„Der Weihnachtsschinken steht eindeutig im Mittelpunkt der finnischen Weihnacht und ist nahezu unverzichtbar. In den Tagen vor dem Fest werden die mehrere Kilo wiegenden Schinken aus Schweinefleisch tausendfach in Einkaufswagen gewuchtet, um dann viele Stunden lang im Backofen weihnachtsfertig gemacht zu werden. Bei Attes Familie hat jeder Haushalt seinen eigenen Schinken, sodass niemand alleine auf den Heiligabend angewiesen ist. Auf dem Esstisch von Attes Eltern finden sich außerdem noch Unmengen an zusätzlichen Speisen, von verschiedenen Käsen, unterschiedlichen Brotsorten und kaltgeräuchtertem Rentierschinken bis zu diversen Salaten und rosolli, einem bunten Potpourri aus gewürfelter Roter Beete, Möhren und Kartoffeln, angereichert mit Honig.“ (S.151)

Typisch finnisch ist zum Beispiel auch vappu. Im akademischen Kalender nimmt Walpurgisnacht einen wichtigen Stellenwert ein: Und in einer Stadt, wo ein Großteil der Bevölkerung studentisch ist, erlebt man so einiges. Je nach Fachgebiet gibt es bunte Overalls:

„Ich habe zum Beispiel einen dunkelgrünen. So einen können Studenten von Englisch, Deutsch und Schwedisch ihr Eigen nennen. Da es nicht genügend Farben gibt, wird man als Germanist immer wieder für einen Biologen gehalten. Für solche Missverständnisse gibt es aber die Aufnäher. „No biologist – Ingen biolog – kein Biologe“ prangt auf meinem linken Bein.“ (S.19)

In diesem lockeren, unterhaltsamen Erzählton erlebt der Leser gemeinsam mit der sympathischen Autorin ein Jahr – und pro Monat ein paar kurze Episoden, die den den mal mehr und mal weniger kuriosen Alltag beschreiben. Angefangen bei seltsamen Nachbarn, gottesfürchtigen Autofahrerinnen, önologischen Selbstversuchen bis hin zur kaamos, der winterlichen Dunkelheitsperiode. Der Abschied auf der letzten Seite fällt schwer, denn die Mischung aus Tagebuch, Ortskunde und Reisebericht ruft akutes Fernweh hervor. Aber vielleicht planen Sie ja auch schon den nächsten Urlaub in den Norden …

Aufmachung

Das Taschenbuch zeigt auf dem Cover zwei Rentiere und präsentiert sich in dem üblichen Look der „Herder Spektrum“-Reihe. Auf der Rückseite befinden sich wie üblich der Klappentext und eine Kurzbiographie.

Der Inhalt startet mit einem Prolog, ist dann nach den zwölf Monaten – mit April anfangend – gegliedert und endet mit einer Erklärung zu den finnischen Monatsnamen.

Ähnliche Titel

„Rakkaus! (finnisch: Liebe)“ (Christian Gasser – Sachbuch); „Finnland fürs Handgepäck: Geschichten und Berichte“ (Stefanie Lind – Sachbuch); „Fettnäpfchenführer Finnland: Wenn der Fisch nicht beißt, spart man den Wurm“ (Gudrun Söffker – Sachbuch), „Das kuriose Finnland-Buch: Was Reiseführer verschweigen“ (Bernd Gieseking – Sachbuch)

Herzlichen Dank an Herder für das Rezensionsexemplar.