Kompakt

Nur für Hartgesottene, denn wer einen spannenden Psychothriller erwartet, wird zwar nicht enttäuscht, aber durch das brachiale Finale überrascht.

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Ryu Murakami – Das Casting Originaltitel Odishon
Autor Ryu Murakami
Übersetzung Leopold Federmair, Motoko Yajin
Verlag Septime
Erschienen April 2013
ISBN 978-3-902-71115-1
Seitenanzahl 200 Seiten

Inhalt

Aoyama ist Witwer, hat einen mittlerweile 15-jährigen Sohn und arbeitet in der Filmbranche. Sieben Jahre nach dem Tod seiner Frau Ryoko möchte er wieder heiraten. Auf Anraten seines Freundes Yoshikawa geben sie vor, einen Film drehen zu wollen und veranstalten dazu ein Casting, um unter den vielen Bewerberinnen die richtige Frau für Aoyama zu finden. Dieser verliebt sich Hals über Kopf in die 24-jährige Asami Yamasaki und hört nicht auf seine Freunde und Bekannten, die ihm raten, aufzupassen. Und das wird er später bitter bereuen …

Stil und Charaktere

„Das Casting“ ist die literarische Vorlage für den Film „Audition“ von Takashi Miike. Während letzterer als Horror-Kultfilm gilt, ist das Buch eher im Genre des Psychothrillers angesiedelt. Dessen Handlung beginnt langsam und wandelt sich erst im letzten Drittel zu einer brachialen Finalorgie.

Ryu Murakami erzählt vorwiegend in der dritten Person aus der Sicht des Protagonisten Aoyama. An wenigen Stellen schaltet sich jedoch ein allwissender Erzähler ein. Dieser streut Andeutungen, dass es mit Aoyama und Asami noch ein böses Ende geben wird, verrät aber nicht viel mehr … Die Hinweise sind notwendig, um die Spannung aufrecht zu erhalten, da sich die Geschichte teilweise zieht und sehr langsam vorangeht. Natürlich ist es wichtig, die Beziehung zwischen Aoyama und Asami eingehend zu beschreiben, dennoch nimmt dieser Part gefühlt zu viel Platz ein.

Dafür setzt das Finale umso abrupter ein, nämlich genau an der Stelle, wo es eigentlich die Abbiegung zum Happy End geben sollte. Und ab diesem Moment verwandelt sich die zarte Liebesgeschichte mit düsteren Anklängen in einen Thriller, der in Splatter und Gore mündet. Für schwache Nerven ist das ganz sicher nicht geeignet und wer kein Blut sehen – oder lesen – kann, sollte definitiv seine Finger von Murakamis Buch lassen. (Und das gilt auch für die weiteren Werke, die allesamt in eine ähnliche Richtung gehen.)

Wahrscheinlich braucht es einen zweiten Lesedurchgang, um die Erzählung in all ihren Finessen und kleinen Hinweisen schätzen zu lernen. Denn im ersten Moment identifiziert sich der Leser stark mit Aoyama und leidet unter der gleichen Verblüffung wie er, der nicht weiß, in was für einen Albtraum er plötzlich hineingeraten ist. Und „Das Casting“ nimmt eine derartig krasse Wendung, die in ihrer Heftigkeit nicht zu erwarten war und dementsprechend schockt. Leider schließt das Buch mit einem offenen Ende ab, das zwar zu der japanischen Erzählweise passt, aber die Leserneugierde nicht vollends befriedigt …

Aufmachung

Das schwarze Hardcover mit rotem Lesebändchen besitzt einen schlichten Schutzumschlag, der eine junge Asiatin in Schulmädchenuniform – aus der Stock-Fotografie – zeigt. Das ist einerseits zielgruppengerecht, passt andererseits aber nicht unbedingt zur Hauptfigur.

Auf der Rückseite befindet sich der Klappentext und ein Zitat aus der „New York Times“, die dem Buch Ähnlichkeit zu Edgar Allen Poe und Fjodor Dostojewski konstatiert. In der vorderen Klappe gibt es einen weitere Inhaltszusammenfassung und in der hinteren eine Kurzbiografie samt Foto des Autors.

Das Buch startet in medias res und umfasst 12 römisch nummerierte Kapitel.

Ähnliche Titel

„Audition“ (Film); „Piercing“ (Ryu Murakami – Roman); „Grotesk“ (Natsuo Kirino – Roman); „Schwestern der Nacht“ (Masako Togawa – Roman); „Old Boy“ (Garon Tsuchiya, Nobuaki Mingishi – Manga)

Herzlichen Dank an den Septime-Verlag für das Rezensionsexemplar.

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