Kompakt

Der Auftakt der dreiteiligen Neu-Erzählung von „Hänsel und Gretel“ liefert bittere Realität, harte Charaktere, eine direkte Sprache und zart-schöne Formulierungen. Alexander Kaschtes Wort-Fabuliererei schreckt auch vor Grausamkeit nicht zurück und berührt – denn das Leben entpuppt sich als ganz mieser Bastard …

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Alexander Kaschte – Weißer als das Wasser
Autor Alexander Kaschte
Verlag ++INSEKTEN+HAUS++
Erschienen Dezember 2014
ISBN 978-3-944-15492-3
 Seitenanzahl 120 Seiten

Inhalt

Margarethe und Hans lieben ihren Vater, doch dessen Zuneigung hat seit dem Krebstod seiner Frau Renate abgenommen. Wie gut, dass die neue Frau an seiner Seite, die üppige Psychologin Ingrid, einen auf heile Familie machen möchte. Aber die beiden Kinder durchschauen ihr Spiel – und so macht Ingrid kurzen Prozess. Ihr sorgfältiger Plan, Hans und Margarete umzubringen und in Polen zu entsorgen, klappt jedoch nicht wie erhofft.

Stil und Charaktere

Alexander Kaschte ist Sänger und Songwriter der deutschen Band „Samsas Traum“. Bei „Weißer als das Wasser“ handelt es sich um seinen ersten Roman, der als Trilogie angelegt ist. Die Neu-Erzählung des klassischen Märchen-Stoffes rund um Hänsel und Gretel wird in die Jetztzeit transportiert, in Berlin und Polen angesiedelt und mit jeder Menge Anti-Helden ausgestattet.

Die taubstumme Margarethe und der mongoloide Hans sind der Stein des Handlungsanstoßes. Obwohl sie aus gesellschaftlicher Sicht als benachteiligt gelten, entpuppen sie sich als die normalsten Charaktere des Buches. In dem Panoptikum der verkrachten Existenzen bewahren sie – trotz misslungener Mordversuche an der vermeintlich diebischen Planetarium-Angestellten durch fleischfressende Pflanzen und einem echten, unabsichtlichen Mord – ihre Unschuld. Und die erscheint wie ein Gut, das den Erwachsenen abgeht oder vom Leben und seinen Schicksalsschlägen ausgetrieben wurde. Bereits der Untertitel des ersten Kapitels trifft das ‚Motto‘ des Buches: „… und das Leben war und blieb ein ganz mieser Bastard.“ Eigentlich ein sehr Sartre’scher Gedanke, der an sein Zitat „Die Hölle, das sind die anderen“ aus dem Drama „Geschlossene Gesellschaft“ erinnert. Wer ist Opfer und wer ist Täter? Und wen zwingt das Leben unweigerlich in eine Rolle, aus der er nicht mehr entfliehen kann?

Alexander Kaschte schreibt direkt, ohne – politisch korrektes – Blatt vor dem Mund, ohne Zögern und mit Blick auf die Verlierer. Seine Sprache ist dabei stellenweise derb, passt jedoch zu den unterschiedlichen personalen Erzählern. Ein besonderes Merkmal liegt darin, dass er diese an neuralgischen Stellen ihre unterschiedlichen Handlungsmöglichkeiten aufzählen lässt. Auch wenn die oftmals ins Bizarre gipfelnde Möglichkeiten zugunsten der Realität passieren, zeigt sich doch: Das Leben schreibt die besten Geschichten, nur nicht die glücklichsten.

Der Verlag ++INSEKTEN+HAUS++ wird von U-Line, dem Nachfolger des U-Books-Verlags, vertrieben. Band 2 erscheint voraussichtlich im April 2015. Hier gibt es ein Wiedersehen mit Margarethe, Hans und Jacek sowie eine ganze Bande weiterer Charaktere, die neue fiese Pläne mit den Kindern haben.

Aufmachung

Die Standard-Edition schmückt ein grauer Schutzumschlag, der auf der Vorderseite die Titelinformationen enthält und auf der Rückseite bis auf ein Zitat einer Protagonistin leer ist. Das Covermotiv des Umschlags wurde ebenso auf das darunterliegende graue Hardcover geprägt. Die auf 1.000 Stück limitierte Standard-Auflage besteht aus dem handsignierten und handnummerierten Buch sowie einem Poster mit dem ursprünglichen Covermotiv. (Nur direkt über den Verlag erhältlich.)

Die Handlung umfasst sechs Kapitel, denen im Inhaltsverzeichnis je ein Zitat unterstellt ist.

Ähnliche Titel

„Das Buch der toten Kinder“ (Alexander Kaschte – Bilderbuch); „Asen’ka – Ein Märchen für Kinder und solche, die es werden wollen“ (Samsas Traum – Musik-Erzählung); „Geschlossene Gesellschaft“ (Jean-Paul Sartre – Drama)

Herzlichen Dank an ++INSEKTEN+HAUS++ für das Rezensionsexemplar.

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