Kompakt

Wie definiert sich postmoderne Liebe, was bedeutet eigentlich Untreue und wie geht man mit beiden Phänomenen um? Das versucht Dirk Revenstorf herauszufinden und liefert einige interessante Ansätze dazu, wie sich Beziehungen im Heute gestalten.

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Dirk Revenstorf – Liebe und Sex in Zeiten der Untreue
Autor Dirk Revenstorf
Verlag Pattloch
Erschienen April 2015
ISBN 978-3-629-13064-8
Seitenanzahl 256 Seiten

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Inhalt

Der Psychologe Dirk Revenstorf geht der Frage nach, wie (Paar-)Beziehungen in der heutigen Zeit aussehen und was das Phänomen ‚Treue/Untreue‘ definiert. Dazu arbeitet er sich an zehn Schwerpunkten immer weiter voran:

– Postmoderne Beziehungskultur
– Der Untergang des Patriarchats
– Glück und Liebe
– Sexualität und Erotik
– Treue und Untreue
– Postmoderne Liebe
– Wege aus der Verunsicherung
– Revision des Beziehungsvertrages
– Entwicklung der Liebesfähigkeit

Neben der Erforschung dessen, was heutzutage unter Beziehung verstanden und gelebt wird, macht er sich auf die Suche nach der Liebe, die in der Postmoderne zahlreichen Widrigkeiten begegnet.

Stil und Verständnis

So spannend die Lektüre von Dirk Revenstorf ist – und gerade zum Thema Liebe und Sexualität in der Postmoderne bietet er interessante Ansätze –, der rote Faden zeigt sich leider nicht. Und der große Anspruch, „Wege aus der Verunsicherung“ zu bieten, den sowohl Titel als auch Klappentext schüren, wird nicht erfüllt. Das ist natürlich sehr schade, denn meine Erwartungshaltung war, dass ich erfahre, wie Beziehungsformen heute aussehen und wie diese mit dem Thema Treue umgehen – oder gar was man selbst als ‚Betroffener‘ mitnehmen kann, um die eigene Beziehung zu gestalten.

Die proklamierten Lösungen nehmen zwar ein eigenes Kapitel ein, das liefert jedoch keine neuen Informationen, welche Möglichkeiten es gibt, im Fall der Untreue miteinander umzugehen. Denn was macht ‚Untreue‘ eigentlich aus? Darauf geht der Autor nur an einer Stelle ein: „Eine Vielzahl an Disloyalitäten. Ein langer Blick, ein intensives Gespräch, die Erwähnung einer Schwärmerei, ein Kuss, Geschlechtsverkehr, Masturbation beim Anschauen eines Pornos. Alles das kann das Gefühl der Disloyalität hervorrufen.“ (S.30) Weitere Informationen dazu gibt es nicht – das heißt also, dass jede Beziehungseinheit diese Definition im Idealfall selbst vornimmt oder sich an der der Gesellschaft (Stichwort Monogamie) orientiert.

Dass diese in der Postmoderne jedoch auch krisengebeutelt ist, zeigt Revenstorf gleich zu Anfang auf: „Die postmoderne Beziehungskultur ist durch unbegrenzte persönliche Freiheit, eine von Scham und Prüderie befreite Sexualität, ungezwungenes Körperbewusstsein und unbefangenes Streben nach Glück durch Konsum charakterisiert.“ (S.29) Die Konsequenz: Sex sells – auch beim Thema Beziehung. „Im Zuge der uneingeschränkten Nutzung der Sexualität in der Werbung und ihrer Liberalisierung in privaten Beziehungen wird sie selbst in das Konsumkontingent einbezogen und vermarktet. Angebote außerhalb der Familie sind als rekreative Freizeitsexualität im Gegensatz zu prokreativer Familiensexualität frei verfügbar und können abgekoppelt von emotionalen Bedürfnissen gelebt werden.“ (S.26)

Die Zitate schüren einen gänzlich anderen Eindruck als der Buchtitel suggeriert – und dieser Eindruck bleibt. Im Vordergrund steht die Ideengeschichte der postmodernen Liebesbeziehung, die Untreue nimmt dabei nur einen kleinen Part ein. Auch welche Beziehungsformen es heute gibt und wie unterschiedlich diese gelebt werden, spielt – außer in vereinzelten Andeutungen – kein Thema. Daher bin ich zwiegespalten: Unterhaltsam zu lesen ist Dirk Revenstorfs Buch allemal. Es gibt zahlreiche Anregungen auf weitere Lektüre, regt zum Nachdenken, Nachlesen und Weiterspinnen an. Seinem Titel wird es allerdings nicht gerecht. Wenn Sie den jedoch beiseite lassen, erhalten Sie ein spannendes, zeitkritisches Potpourri.

Aufmachung

Das violette Hardcover besitzt einen orangenen Schutzumschlag, der auf der Vorderseite bunt den Titel zeigt, und auf der Rückseite den üblichen Klappentext besitzt. Auf der Umschlagklappe vorne wird dieser erweitert, auf dem hinteren befindet sich eine Autorenvita.

Das Buch startet mit einer Widmung, einer Danksagung sowie einem Zitat von Khalil Gibran. Danach folgt das Inhaltsverzeichnis, das die 10 Kapiteln samt Vorwort, Einleitung und Unterkapitel auflistet. Den Schluss bilden die Anmerkungen und Literaturverweise.

Ähnliche Titel

„Die geheimen Mechanismen der Liebe: Regeln für eine glückliche Beziehung“ (Dirk Revenstorf – Sachbuch); „Intimität und Verlangen: Sexuelle Leidenschaft in dauerhaften Beziehungen“ (David Schnarch  – Sachbuch); „Liebe“ (Richard David Prescht – Sachbuch); „Warum Liebe weh tut“ (Eva Illouz – Sachbuch)

Herzlichen Dank an den Pattloch-Verlag für das Rezensionsexemplar.

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